Zukunft der EU

Bald soll die „Konferenz zur Zukunft der EU“ beginnen. Den gegenwärtigen Stand und die Rolle der Bürgerbeteiligung betrachtet dieser Beitrag.

Foto: Edda Dietrich (Mehr Demokratie) via flickr, Lizenz: CC BY-SA 2.0.


Bei Ihrer Antrittsrede zur EU-Kommissionspräsidentin stellte Ursula von der Leyen fest: „Demokratische Beteiligung endet nicht am Wahltag“. Auf der von ihr angekündigten „Konferenz zur Zukunft Europas“ sollen die Bürger daher die Möglichkeit zur Mitsprache bekommen. Mitte Januar hat das EU-Parlament seinen Vorschlag zur Ausgestaltung dieser Konferenz beschlossen. 

Zusammensetzung der Konferenz

Das zentrale Gremium der Konferenz ist das sogenannte Plenum. Dieses setzt sich aus Vertretern von EU-Institutionen, nationalen Parlamenten und auf EU-Ebene tätigen Sozialpartnern zusammen. Die Bürger der EU sollen das Plenum in Bürgerforen beraten. Diese werden aus zufällig ausgewählten Personen gebildet, die jeweils zu einem Thema zusammentreten. Pro Mitgliedsstaat werden mindestens drei Personen involviert sein. Es ist beabsichtigt, dass die Teilnehmer in geographischer Herkunft, Geschlecht, Alter, sozioökonomischem Hintergrund und Bildungsniveau die Zusammensetzung der EU repräsentieren. Zusätzlich sind noch mindestens zwei Jugendforen für 16-25 jährige geplant.

Angedacht ist, dass die Bürger mindestens zweimal bis 2022 zusammenkommen. Zu Beginn des Verfahrens sollen sie selbst Empfehlungen zu ihren Themenbereichen erarbeiten und dem Plenum vorstellen. Zum Ende des Prozesses erhalten sie die Möglichkeit, Stellungnahmen zu den entwickelten Gesetzesvorschlägen abzugeben. Darüber hinaus sind weitere Partizipationsformate in Planung, zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch noch nicht spezifiziert.

Methodische Herausforderungen

Zwei zentrale Herausforderungen für den Ablauf des Beteiligungsprozesses werden die Gruppengrößen mit bis zu 300 Teilnehmern und die Sprachbarrieren zwischen den Bürgern sein. Es wird spannend zu sehen, ob und in welcher Weise es auf Basis dieser Ausgangsposition gelingt, konstruktive Diskussionen zu führen.

Die Bertelsmann Stiftung hat sich 2019 in einem Policy Brief Future of Democracy mit der Ausgestaltung der geplanten Konferenz auseinandergesetzt und damals verschiedene Modelle entworfen. In methodischer Hinsicht begrüßt sie dabei die vom Parlament vorgeschlagene Zufallsauswahl. Diese sei gut geeignet, um bei der Teilnehmerstruktur die Diversität der Bevölkerung widerzuspiegeln. So könne verhindert werden, dass vorrangig ohnehin schon politisch interessierte Menschen teilnehmen.

In Bezug auf die Beteiligung der Bürger außerhalb der Foren plädiert das Papier für eine Verbindung von digitalem Diskurs mit analogem Austausch. Virtuelle Partizipationsangebote tragen demnach wesentlich dazu bei, die öffentliche Wahrnehmung der Konferenz zu erhöhen. Es sei jedoch eine Herausforderung, eine stetige Verflechtung der beiden Partizipationskanäle sicherzustellen.

Ausblick

Die Konferenz kann Bürgern die Chance bieten, ihre Perspektive auf die Zukunft Europas zu äußern und auf diese Weise die häufig thematisierte Distanz zwischen den supranationalen Institutionen der EU und ihrer Bevölkerung zu mindern. Dies setzt jedoch voraus, dass ein substantieller Austausch stattfindet, bei dem die Inputs aller Beteiligten auch Wirkung im politischen Prozess entfalten können. Wenn bei den Bürgern der Anschein entstehen sollte, dass es sich um Scheinbeteiligung handelt, ist Frustration vorprogrammiert.

Geplant ist, dass die Konferenz am 9. Mai 2020 startet. Bis dahin ist noch etwas Zeit, doch eine Stellungnahme von Gabrielle Bischoff weckt bereits heute Skepsis. Sie hat die S&D-Fraktion im Europäischen Parlament in der Arbeitsgruppe zur Vorbereitung der Konferenz zur Zukunft Europas vertreten und kommentierte kürzlich in der Frankfurter Rundschau: „Die jüngste Mitteilung der Europäischen Kommission wirkt wie ein halbherziger Versuch. Sie beinhaltet keine Vorschläge für die Ausgestaltung der Konferenz und schlägt kein neues Format der Bürgerbeteiligung vor“.

 

Literaturhinweise

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Jörg Sommer, Bernd Marticke

Status quo und Potentiale der innerbetrieblichen Partizipation Buchabschnitt

In: Jörg Sommer (Hrsg.): KURSBUCH BÜRGERBETEILIGUNG #3, Republik Verlag, Berlin, 2019, ISBN: 978-3942466-37-0.

Abstract | Links | BibTeX

Jörg Sommer, Hans Hagedorn

Gute Beteiligungskultur – auf dem Weg zu einem praxisorientierten Qualitätsmanagement in der Bürgerbeteiligung Buchabschnitt

In: Jörg Sommer (Hrsg.): KURSBUCH BÜRGERBETEILIGUNG #3, Republik Verlag, Berlin, 2019, ISBN: 978-3942466-37-0.

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Stefan Löchtefeld, Jörg Sommer

Das Prinzip Haltung: Warum gute Bürgerbeteiligung keine Frage der Methode ist Buchabschnitt

In: Jörg Sommer (Hrsg.): KURSBUCH BÜRGERBETEILIGUNG #3, Republik Verlag, Berlin, 2019, ISBN: 978-3942466-37-0.

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Allianz Vielfältige Demokratie/Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)

Wegweiser Breite Bürgerbeteiligung: Argumente, Methoden, Praxisbeispiele Online

2018.

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Allianz Vielfältige Demokratie/Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)

Bürgerbeteiligung - Praxisberatung für die Kommunalpolitik: Handreichung für die Weiterbildung von Kommunalpolitikern Online

2018.

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Allianz Vielfältige Demokratie/Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)

Bürgerbeteiligung, Volksabstimmungen, Parlamentsentscheidungen: Empfehlungen und Praxisbeispiele für ein gutes Zusammenspiel in der Vielfältigen Demokratie Online

2018.

Links | BibTeX

EU-Generaldirektion für Bildung, Jugend, Sport und Kultur

Study on the impact of the internet and social media on youth participation and youth work Artikel

In: 2018, ISBN: 978-92-79-79849-8 .

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NeulandQuartier GmbH, pollytix strategic research gmbh

Studie: Bürgerbeteiligung aus kommunaler Sicht- Stellenwert und Verbreitung informeller Bürgerbeteiligung in deutschen Kommunen Forschungsbericht

2018.

Abstract | Links | BibTeX

Dr. Antoine Vergne

Citizens’ Participation Using Sortition Forschungsbericht

Bertelsmann Stiftung Gütersloh, 2018.

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Michael A. Neble; Kevin M. Esterling; David M. J. Lazer

Politics with the People – Building a Directly Representative Democracy Buch

Cambridge University Press, 2018, ISBN: 9781316338179.

Abstract | Links | BibTeX

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