KURSBUCH BÜRGERBETEILIGUNG #5

Als 2015 das erste KURSBUCH BÜRGERBETEILIGUNG erschien, erwarteten viele eine Art Nischenpublikation. Doch zahlreiche kompetente Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft, Praxis und Politik präsentierten auf über 500 Seiten einen umfassenden Überblick über den Stand der Bürgerbeteiligung in Deutschland. Interessierten Leserinnen und Lesern bot sich ein eindrucksvolles Bild über den erstaunlichen Umfang und die einzigartige Vielfalt der Beteiligung.

Diese Vielfalt und die damit verbundenen Erfahrungen und Lernkurven bilden die Grundlage für die seitdem regelmäßig erscheinenden Folgebände.

Auch in der vorliegenden fünften Ausgabe des KURSBUCH BÜRGERBETEILIGUNG setzt sich diese Mischung aus offenen Praxisberichten, empirischen Erkenntnissen, theoretischen Analysen und innovativen Projekten fort.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

KAPITEL 1: Chancen und Risiken von Beteiligungsprozessen

Ralf-Uwe Beck
Bürgerräte und Missverständnisse – Ein kritischer Einwurf
Losverfahren sind in aller Munde, Bürgerräte haben Konjunktur – und ihre Berechtigung. Mitunter aber werden sie überhöht und es wird der Anschein erweckt, als ließen sich mit ihnen die Lücken bei der Bürgerbeteiligung und im demokratischen System stopfen. Die Missverständnisse, die sich um Bürgerräte ranken, lenken von eigentlichen Aufgaben der Demokratieentwicklung ab. Da heißt es: genau hinsehen.
Dr. Eva Krick
Typische Schwächen von Bürgerräten und wie man ihnen begegnen kann
Ein charakteristisches Element der Beteiligungswende in Deutschland ist die Konjunktur der Bürgerräte, also per Zufallsauswahl zusammengesetzter, dialogorientierter Bürgerbeteiligungsforen. In den letzten Jahren wird dieses Instrument zunehmen auch auf Bundesebene angewandt und auf kommunaler Ebene werden erste Bürgerräte verstetigt. Während die Stärken und Versprechen dieser demokratischen Innovation oft betont werden, sind die potenziellen Schwächen von Bürgerräten bisher weniger diskutiert worden. Basierend auf Erkenntnissen der Beteiligungsforschung liegt der Fokus des Beitrags auf der Ursachenbeschreibung und der Skizzierung von Möglichkeiten, typische Mängel von Bürgerräten, wie eingeschränkte Repräsentativität und Wirkungslosigkeit, auszugleichen.
Demokratie ist kein Zufall – Warum und wie Losverfahren in Beteiligungsprozessen eingesetzt werden
Mit der zunehmenden Verbreitung von Bürgerräten gelangen losbasierte Auswahlverfahren immer wieder in den Fokus oft emotionaler Debatten: Welche Rolle soll der Zufall in der politischen Teilhabe spielen? Wann macht es Sinn, nicht Betroffene zu beteiligen, sondern Nichtbetroffene? Und wie kann eine Zufallsauswahl gleichzeitig Repräsentativität garantieren?
Jürgen Scheurer
Chancen und Risiken von Online-Bürgerbeteiligungsformaten bei Energiewendeprojekten
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Kommunikation im Rahmen von Energiewendeprojekten, die regelmäßig im Fokus von Bürgerinitiativen stehen, beklagt und dadurch lange verzögert werden oder gar scheitern. Es wird aufgezeigt, wie und warum es durch eine strategische Kommunikation mit umfassender Öffentlichkeitsbeteiligung durch Online-Formate gelingen kann, Debatten zu befrieden und so Projekte zu beschleunigen und sie auch zu realisieren.
Sybille Neuß
Mobilfunkausbau in Deutschland – für viele ein Segen, für manche ein Schrecken
Die Dialoginitiative „Deutschland spricht über 5G“ führt Bürgerdialoge zu Mobilfunk und 5G-Ausbau, um aufzuklären und damit den Menschen Bedenken gegen die Digitalisierung und technische Veränderungen zu nehmen. Warum wir dabei manchmal auch die Demokratie schützen, erzählt dieser Beitrag.
Jörg Sommer
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die Öffentlichkeit
Unsere repräsentativen Institutionen, Strukturen und Prozesse beziehen ihre Legitimation zunehmend nicht mehr nur aus Wahlen, sondern aus vielfältigen Beteiligungsprozessen. Gleichzeitig ist die Programmgestaltung der öffentlich-rechtlichen Medien noch immer hierarchisch dominiert und repräsentativ fixiert. Dabei wäre es erstaunlich einfach, die reale Vielfalt unserer Gesellschaft in die Programmgestaltung einzuspeisen – durch vielfältige und breite Beteiligungsformate, die nicht erfunden werden müssen – aber erprobt.
Dr. Christoph Ewen
Planspiel-Dialoge in der Entwicklung neuer gesetzlicher Regelungen
Am Beispiel mehrerer Vorhaben im Bereich gesetzlicher und untergesetzlicher Regelungen (Verordnungen, Verwaltungsvorschriften) wird beschrieben, wie in innovativen Dialogprozessen die betroffenen und beteiligten Stakeholder aus der Praxis einbezogen wurden. Ziel ist es jeweils, praxistaugliche, wirksame, rechtssichere Regelungen zu entwickeln, die von den beteiligten Akteuren verstanden und bestenfalls auch getragen werden.
Felix Krebber
Beteiligung vor Missbrauch schützen: Die neue PR-Ethik-Richtlinie ‚Bürgerbeteiligung und Kommunikation‘
Im vorliegenden Aufsatz wird die neue Richtlinie „Bürgerbeteiligung und Kommunikation“ des Deutschen Rates für Public Relations (DRPR) vorgestellt. Das Selbstkontrollgremium der Kommunikationsbranche und des Kommunikationsberufsfelds regelt mit der Richtlinie freiwillige Beteiligungsverfahren, die von Organisationen wie Unternehmen, Verbänden, Vereinen und Behörden außerhalb formaler Genehmigungsverfahren oder regulierter politischer Prozesse umgesetzt werden.

Kapitel 2: Etablierung und Verstetigung von Bürgerbeteiligung

Dr. Andreas Paust
Von der Intention zum Impact – Wirkmodell und Wirkungsversprechen für Bürgerbeteiligung
Vorgestellt wird eine Wirkungstreppe, mit der im Vorfeld von Bürgerbeteiligung Überlegungen angestellt werden können, welche Wirkungen durch die Beteiligung erzielt werden können und sollen. Es werden Leitfragen formuliert, die eine Orientierung geben, worauf es bei den jeweiligen Wirkungsstufen ankommt. Daraus ergeben sich Aussagen zu Wirkungs- und Beteiligungsversprechen, mit denen ein Bekenntnis zu den angestrebten Wirkungen von Bürgerbeteiligung abgegeben werden kann.
Dr. Corinna Metz, Sarah Straub
Partizipation braucht einen gemeinsamen Verständigungsrahmen
Dieser Beitrag befasst sich mit der Frage, wie ein gemeinsamer Verständigungsrahmen für die unterschiedlichen Stakeholder*innen in Partizipationsprozessen geschaffen werden kann, der Abläufe im politisch-administrativen Prozess transparent darlegt und aufzeigt, wo Gestaltungsspielräume bestehen, die aus zivilgesellschaftlicher, wirtschaftlicher, politischer und administrativer Sicht sinnvoll sind. Dabei sollen die demokratische Legitimation und Inklusion durch Partizipation und die Stärkung des Selbstverständnisses aller Stakeholder*innen in deren jeweiligen Rollen im Fokus stehen.
Dimitrij Umansky
Die richtige Strategie finden – drei Schritte zu einer erfolgreicheren Beteiligung
Wie können wir Beteiligungsverfahren zum Erfolg führen? Leitlinien und Kriterien für gute Beteiligung, Fallstudien und Normen geben vor, wie wir erfolgreiche Beteiligung grundsätzlich gestalten sollten. Der vorliegende Beitrag basiert jedoch auf der Annahme, dass jedes Beteiligungsverfahren besonders ist und es einer individuellen Herangehensweise bedarf, um erfolgreich zu sein. Wie wir eine eigene Strategie anhand von Leitfragen ermitteln können, wird im Beitrag behandelt.
Moritz Müller, Wiebke Brink, Silke L. Voigt-Heucke, Fabienne Wehrle
Citizen Science – Perspektiven für die nachhaltige Etablierung von Bürgerbeteiligung in der Wissenschaft
Der Beitrag thematisiert gegenwärtige Debatten und Entwicklungen im Feld Citizen Science und schätzt die Chancen auf eine Etablierung partizipativer Forschung im Wissenschaftssystem ein. Der Blick auf die aktuelle Forschungsliteratur und Beispiele aus der Praxis verdeutlichen, dass Bürger*innen auf vielfältige Weise in Forschungsprozesse eingebunden sind. Dementsprechend kommt der Artikel zu dem Ergebnis, dass auch die Perspektiven für eine Etablierung bürgerschaftlicher Forschung im Wissenschaftssystem so vielfältig wie die Citizen Science selbst sind.
Dr. Michael Zschiesche
Zur Praxis der Öffentlichkeitsbeteiligung in der Infrastrukturplanung in Deutschland
Die Öffentlichkeitsbeteiligung im Infrastrukturbereich in Deutschland steht unter Stress. Statt sie maßvoll als Element praktisch erlebter Demokratie weiterzuentwickeln, steckt die Öffentlichkeitsbeteiligung seit 2018 im Dilemma der Anforderungen der Beschleunigungsdebatten. Im Artikel werden neueste empirische Daten zur Inanspruchnahme der Öffentlichkeitsbeteiligung in verschiedenen Beteiligungssektoren in Deutschland vorgestellt und eingeordnet. So werden erstmals überhaupt die jährlichen Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung aufgrund einer Studie des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen diskutiert und bewertet. Neben den quantitativen Zahlen geht der Artikel auch auf die Praxis im Umgang mit den Erörterungsterminen ein. Am Ende wird ein Ausblick auf die notwendigen Verbesserungspotentiale der Öffentlichkeitsbeteiligung durch die Digitalisierung, insbesondere durch das während der Corona-Pandemie für 24 Planungsverfahren erlassene Planungssicherstellungsgesetz gegeben.
Dr. Christoph Jessen
Bürgerbeteiligung bei Großprojekten
In diesem Beitrag geht es um die Frage, wie Interesse und Beteiligung über die Jahre erhalten werden kann. Als Praxisbeispiel wird das Fehmarnbelt-Dialogforum verwendet. Das Dialogforum existiert seit über 10 Jahren. Anhand des gewählten Beispiels kann gezeigt werden, welche Herausforderungen solch langwierige Beteiligungsprozesse bewältigen müssen und wie diesen entgegengetreten werden kann.
Maike Weißpflug, Christian Schwöbel, Katherin Wagenknecht, Ulla Herlt
Pfadabhängigkeiten in langfristigen Partizipationsprozessen am Beispiel der Endlagersuche
Der Beteiligungsprozess bei der Endlagersuche für hochradioaktive Abfälle ist so langfristig angelegt wie das Suchverfahren selbst. Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) achtet dabei darauf, dass das Suchverfahren zielorientiert und gemäß den gesetzlichen Festlegungen abläuft. Dazu organisiert es entsprechend dem gesetzlichen Auftrag in den unterschiedlichen Phasen des Verfahrens adäquate Formen der Beteiligung. Das Standortauswahlgesetz sieht dabei sowohl klar vorgegebene Beteiligungsformate vor als auch die Möglichkeit, zur Unterstützung des Verfahrens zusätzliche Beteiligungsmaßnahmen zu entwickeln. Der Artikel wertet die Erfahrungen der ersten fünf Jahre Standortsuche, insbesondere im Hinblick auf die in der Beteiligung aufgetretenen Pfadabhängigkeiten, aus und entwickelt daraus einen Ansatz für den Umgang mit diesen langfristigen Beteiligungsprozessen.
Frieder Hartung, Hannah Reinbold, Christina Simon-Philipp
Mitten in der Stadt – Partizipative Forschung für starke Zentren
Der Beitrag setzt sich mit der Stärkung von Stadt(teil)zentren durch partizipativ getragene Projekte auseinander. Es wird der Frage nachgegangen, wie diese Projekte entstehen, wie Engagement und Kooperationen erfolgreich gefördert werden können und welche Wege es zur Verstetigung bürgergetragener Projekte gibt. Die Erkenntnisse stammen aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt TransZ – Transformation urbaner Zentren (2017-2022).
Sarah Lang-Lehmann, Joana Julie Scheppe, Prof. Dr. Thomas Bäumer, Prof Dr. Patrick Müller, Prof. Dr. Uta Bronner
Verstetigung von Beteiligung aus Sicht der Bürger*innen
Das Ziel dieser Arbeit war es, den Erfolg von Beteiligungsprozessen aus Sicht von Bürger*innen weiter zu erforschen und Handlungsempfehlungen für die Verstetigung von Prozessen abzuleiten. Im Rahmen dessen wurden zwei verschiedene Stakeholdergruppen befragt: Partizipationsexpert*innen und Bürger*innen. Die Arbeit zeigt wesentliche Erkenntnisse und Herausforderungen für die Verstetigung von Bürgerbeteiligung in der Praxis sowie konkrete Maßnahmen für Prozessgestaltende auf.
Dr. Uwe Pfenning
Verstetigung der Bürgerbeteiligung durch Verwissenschaftlichung
Die Rolle der Sozialwissenschaften bei der Bürgerbeteiligung hat sich signifikant verändert von einer externen, unabhängigen, beobachtenden und nach objektiver Erklärung suchenden Wissenschaft hin zum aktiven, normativen und moderierenden Akteur. Dies kennzeichnet den Prozess der Verwissenschaftlichung bei der Bürgerbeteiligung mit der Funktionalität, Verwaltungen Methoden und Tools für „eigene“ Beteiligungsverfahren an die Hand zu geben.

Kapitel 3: Handlungsfeld Kommune

Elias Brandenberg, Anke Kaschlik, Tobias Nägeli
Partizipation in der Stadtentwicklung – Vorschlag für eine Perspektiverweiterung
Der Beitrag basiert auf den Erfahrungen aus unterschiedlichen Forschungs- und Entwicklungsprojekten in und mit kleineren Städten in Deutschland und der Schweiz im Themenbereich Stadtentwicklung. Als Hemmnis für eine nachhaltige Entwicklung zeigen sich oftmals unterschiedliche Verständnisse von Partizipation sowie damit verbunden eine eingeschränkte Sicht auf die Vielfalt und Vielzahl der Akteur*innen der Stadtentwicklung. Mit einem erweiterten Stufenmodell der Partizipation möchten wir die Analyse und Gestaltung lokaler Entwicklungsprozesse und das Erkennen der Potenziale unterschiedlicher Akteur*innen unterstützen.
Prof. Dr. Gesine Schwan
Kommunale Entwicklungsbeiräte als wirksame Bürgerbeteiligung in der repräsentativen Demokratie
Liberale Demokratien brauchen eine partizipative Erweiterung, die die repräsentative Struktur und Legitimation der Demokratie durch Wahlen stimmig ergänzt und den Bürgerinnen und Bürgern eine wirksame Mitsprache zu aktuellen und grundlegenden Themen ermöglicht. Ein vielversprechender Ansatz hierfür sind Kommunale Entwicklungsbeiräte. Wie diese funktionieren, wird in diesem Beitrag sowohl theoretisch als auch praktisch am Beispiel des Kommunalen Entwicklungsbeirats Hernes dargestellt.
Dr. Christine Dörner
Zusammenwachsen im Quartier durch Beteiligung, Engagement und Vernetzung
Zivilgesellschaftliche Akteur*innen gründeten ein breites Bündnis in einem Karlsruher Stadtteil. Mit breiter Bürgerbeteiligung und hohem ehrenamtlichen Engagement erarbeitete das Bündnis „Gut leben und älter werden in Beiertheim und Bulach“ ein Konzept für eine sozialräumlich orientierte Versorgungskette. Es sorgt mit Beteiligung, Vernetzung und kreativen Aktionen kontinuierlich für Zusammenwachsen im Quartier im Sinn einer „Caring Community“. Es sorgte dafür, dass ein städtisches Grundstück, das bereits einem Investor zugesagt war, für seine Ziele gesichert wurde. Im Lauf des Prozesses kamen Wohlfahrtsverbände als Bündnispartner dazu. Die sehr starke zivilgesellschaftliche Komponente fördert Begeisterung, Wir-Gefühl und Innovation.
Jörg Sommer
Moderne Teilhabe im ländlichen Raum
Wenn wir an Teilhabe der Menschen an der Gestaltung ihrer unmittelbaren Lebensumgebung denken, sehen wir klassische Formate der Bürgerbeteiligung einer großen Verwaltung im städtischen Milieu vor uns. Und das ist tatsächlich eher untypisch. Große Teile unserer Bevölkerung lebt im sogenannten ländlichen Raum. Auch dort findet Beteiligung statt, aber oft anders, als wir vermuten.
Simone Tosson, Dr. Toralf Stark, Prof. Dr. Susanne Pickel
Wirkungsvolle Bürgerbeteiligung? Eine Analyse des Bürgerbudgets der Stadt Augustusburg
Das Bürgerbudget ist ein dialogorientiertes Beteiligungsverfahren, das insbesondere auf Kommunalebene Anwendung findet. Das Verfahren eröffnet den Mitgliedern einer Kommune ein (frühes) Mitspracherecht bei der Verausgabung öffentlicher Mittel und kann so die Transparenz politischer Entscheidungsprozesse und das Vertrauen in das politische Handeln der gewählten Vertreter*innen steigern. Der Beitrag betrachtet das Bürgerbudget der Stadt Augustusburg als Praxisbeispiel und geht der Frage nach, inwiefern es sich um ein wirkungsvolles Verfahren der Bürgerbeteiligung handelt.
Nóra Regös, Albertus Bujard und Fabian Eisenbarth
10 Jahre Leitlinien für mitgestaltende Bürgerbeteiligung in Heidelberg
Die Heidelberger Leitlinien für mitgestaltende Bürgerbeteiligung feierten im Jahr 2022 ihr 10-jähriges Jubiläum. Begonnen hat alles mit einem Bürgerentscheid und dem Engagement von Bürgerinnen und Bürger aus Heidelberg. Anschließend nahmen die Leitlinien von Heidelberg eine Vorreiterrolle in der Beteiligungslandschaft ein, sowohl als Orientierungshilfe für die eigene Beteiligung als auch Experimentierfeld aus der beobachtenden Perspektive. Wie sehen die Entstehungsgeschichte der Heidelberger Leitlinien und deren Konsequenzen für die konkrete Beteiligungspraxis in Heidelberg heute aus? Welche Erfahrungen konnte die „Koordinierungsstelle Bürgerbeteiligung“ in der Gestaltung und Umsetzung von Beteiligungsprojekten sammeln, die gleichermaßen für andere Kommunen, die Öffentlichkeit und die Wissenschaft interessant sind?
Norbert Rost
Bürgerbeteiligt zur nachhaltigen Zukunftsstadt
Bürgerbeteiligung kann tiefer gehen als Info-Veranstaltungen, Dialoge oder Meinungsabfragen erwarten lassen. Bürger*innen können selbst die Stadt gestalten. Wie solche Bürgerprojekte entstehen können, hat Dresden im Rahmen des Zukunftsstadt-Städtewettbewerbs erprobt und dabei wertvolles Prozess- und Methodenwissen sowie allerlei Beteiligungsartefakte generiert: ein Zukunftsbild, eine Zukunftsbahn, Visionsblätter für Projektwerkstätten, die Rolle eines „Planungspaten“ und letztlich für den Wissenstransfer einen WerkStadtKoffer und eine Digitale Projektfabrik.
Katharina Zuegel
Bürgerbeteiligung – ein zunehmend institutionalisiertes Verfahren in französischen Gemeinden
Dieser Artikel gibt einen Überblick über die sich institutionalisierende Bürgerbeteiligungskultur in Frankreich und seinen über 30.000 Gemeinden. In den letzten zehn Jahren hat Frankreich einen Aufschwung an Beteiligungsprozessen und Akteuren erlebt: immer mehr Gemeinden haben eine Abteilung für Partizipation eingeführt und ein Markt an Dienstleistern, die diese Prozesse professionalisieren wollen, hat sich entwickelt. Inwieweit dieser Elan die politische Kultur und die politischen Entscheidungsprozesse langfristig verändern wird, bleibt noch offen.

Kapitel 4: Beteiligung von unterrepräsentierten Gruppen

Prof. Dr. Viviane Schachler
Betriebliche Mitbestimmung in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen
Betriebliche Mitbestimmung steht in Deutschland für gelebte Demokratie. In Werkstätten für Menschen mit Behinderungen wird diese durch gewählte Werkstatträte realisiert. Der Beitrag erklärt, wie sich die Gremien (rechtlich) einordnen lassen und welche Vorgaben zur Beteiligung der Werkstattbeschäftigten de jure bestehen. Darauf aufbauend beleuchtet er anhand ausgewählter empirischer Ergebnisse, wie die Arbeit der Gremien in der Praxis umgesetzt wird und wie Mitwirkung und Mitbestimmung durch Werkstatträte in Werkstätten de facto erfolgt.
Prof. Dr. Hendrik Trescher, Peter Nothbaum
Partizipation und Partizipationsbarrieren von Menschen mit Behinderung in Deutschland
Mindestens seit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung steht die uneingeschränkte Teilhabe und Partizipation aller Menschen am öffentlichen Leben im Fokus sozialpolitischer Forderungen. Menschen mit Behinderung stoßen in Deutschland jedoch nach wie vor an Barrieren, die sie dabei einschränken. Aber was sind überhaupt Barrieren und was ist Partizipation? Diesen Fragen sowie der komplexen Wechselbeziehung von Partizipation und Barrieren nimmt sich der vorliegende Beitrag an.
Eva Konieczny
„Nichts über uns ohne uns!“ Politische Partizipation inklusiv gestalten
Für Menschen mit Behinderungen, die zu einer benachteiligten, wenig sichtbaren Personengruppe zählen, gibt es noch vielfältige Teilhabebarrieren und ungleiche -chancen. Im Beitrag sollen Rahmenbedingungen nachgezeichnet werden, die es zur gleichberechtigten politischen Teilhabe von Betroffenen braucht. Es soll aufgezeigt werden wie sich der Thematik angenähert werden kann, wenngleich es unterschiedliche kommunalspezifische Lösungen vor Ort erfordert.
Daniela Kuzu
„Misch Mit!“ Kinder- und Jugendbeteiligung auf kommunaler Ebene attraktiv gestalten
Um die Zukunftsfähigkeit der Kommune und das Interesse am gesellschaftlichen und politischen Leben zu stärken, sollten Verwaltungen und die Politik auf kommunaler Ebene Kinder- und Jugendbeteiligung in einem erhöhten Maße zulassen und fördern. Die speziellen Bedarfe der Zielgruppe verlangen ausreichende Ressourcen und vor allem innovative Ansätze sowie Methoden. Dieser Artikel soll Anregungen dazu geben, wie eine gelungene Planung und Umsetzung gewährleistet werden kann.
Dr. Anna Grebe, Dominik Ringler
Strategien zur kommunalen Jugendbeteiligung
Die Umsetzung von Beteiligungsrechten, wie sie in der UN-Kinderrechtskonvention von 1989 garantiert werden, erfolgt in Deutschland auf kommunaler Ebene. In der Pflicht stehen Politik und Verwaltung, die eine geeignete Strategie entwickeln müssen, um Kinder und Jugendliche den rechtlichen Grundlagen und der kommunalen Praxis entsprechend an allen Belangen, die sie betreffen, zu beteiligen. Wie kann eine solche Strategie entwickelt werden und welche Fragen muss sich eine Kommune stellen, um Beteiligung strukturiert und nachhaltig zu denken?
Sonja Haug, Simon Schmidbauer
Politische Partizipation von Geflüchteten in Deutschland
Der Beitrag befasst sich mit dem Spannungsfeld der politischen Beteiligung im Migrationskontext vor dem Hintergrund der Partizipation von unterrepräsentierten Gruppen. Empirisch untersucht werden die politische Partizipation von Geflüchteten in Bayern sowie ihre Einstellungen zur Demokratie. Die Ergebnisse werden vor dem Stand der Forschung diskutiert und es werden Empfehlungen abgeleitet.
Dr.-Ing. Katrin Gliemann, Hanna Seydel
Interkultur in der Beteiligung breiter denken – Warum Migrationsgeschichte als Indiz für Beteiligungsferne unzureichend ist
In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit der gängigen Annahme, Menschen mit Migrationsgeschichte seien in Beteiligungsprozessen der Stadtentwicklung unterrepräsentiert, und plädieren für eine Erweiterung der Perspektive. Ausgehend von Ergebnissen eines Forschungsprojekts zeigen wir auf, welche Barrieren Menschen an einer Beteiligung hindern, inwieweit diese Barrieren überhaupt mit Migration in Zusammenhang stehen und wie Partizipation zugänglicher werden kann für Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte.
Taissiya Sutormina, Tobias Stapf
Digitalisierung statt Marginalisierung: Partizipation von migrantischen Online-Communitys
Empirische Studien konnten zeigen, dass migrantische Online-Communitys ihren Mitgliedern bei der Wahrnehmung ihrer Rechte helfen und dass sie einen Raum für den Erfahrungsaustausch zu integrationsrelevanten Themen und aktuellen Ereignissen in der Herkunftssprache bieten können. Die Mitgliedschaft in den migrantischen Online-Communitys spiegelt die Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement (online wie offline) wider und dient zur gegenseitigen Unterstützung und Erstorientierung in Deutschland. Durch die dynamische Kommunikation in Online-Gruppen wird unter anderem die Bekanntheit von öffentlichen Institutionen und staatlichen Strukturen erhöht, was auch mit entsprechenden Risiken verbunden ist, die mit der Nutzung der sozialen Medien einhergehen, wie z. B. Hassrede, Falschinformationen und Missbrauch.
Peter Schraeder
Wie Online-Wahlen zur Partizipation bestimmter Bevölkerungsgruppen beitragen
Viele Bevölkerungsgruppen in Deutschland sind bei parlamentarischen Wahlen aus verschiedenen Gründen vom Wahlrecht ausgeschlossen oder haben bei der Ausübung ihres Wahlrechts mit hohen bürokratischen Hürden zu kämpfen. Mit Maßnahmen wie symbolischen Wahlen und öffentlichen Diskussionen versuchen die jeweiligen Interessensvertretungen gesellschaftliche und mediale Aufmerksamkeit für diesen Umstand zu bekommen. POLYAS, Anbieter von Online-Wahlen, berichtet von den Erfahrungen, die dabei gemacht wurden.

Kapitel 5: Partizipation in der Arbeitswelt

Sandro Witt
Wie selbstbewusste Belegschaften unsere Demokratie stabilisieren
Auf den ersten Blick haben ein Krankenhaus und ein mittelständischer Automobilzulieferer erst einmal nicht viel gemeinsam. Ein zweiter, schärferer Blick zeigt aber auf, dass auf der betrieblichen Ebene vor allem Menschen arbeiten, die sich tagtäglich begegnen und sich oft nicht aus dem Weg gehen können. Das führt zu Herausforderungen. Was betriebliche Demokratie mit unserer Demokratie insgesamt zu tun hat und warum selbstbewusste Belegschaften unsere Demokratie letztlich stabilisieren. Darum geht es in diesem Artikel, der ein besonderes Programm vorstellt, welches sich seit einem Jahr dem stark um sich greifenden Rassismus in der Arbeitswelt entgegenstellt.
Christiane Benner, Jan Engelhardt
Mehr Beteiligung in fordernden Zeiten
Demokratische Beteiligungsinstrumente in Unternehmen sind relevant für lebendige demokratische Strukturen und der Akzeptanz von gesellschaftlicher wie wirtschaftlicher Transformation. Die Beteiligung von Beschäftigten kann die anstehenden wirtschaftlichen Veränderungen im Sinne der Beschäftigten gestalten und damit auch die demokratische Resilienz der Gesellschaft stärken. Die Digitalisierung ist ein weiterer Beschleuniger der Transformation und muss als Chance genutzt werden. Neu gestaltete Arbeit braucht eine innovative Mitbestimmung. In dem folgenden Artikel werden die Missstände der Mitarbeiterbeteiligung in Unternehmen dargestellt und Lösungsansätze diskutiert. Fest steht, eine gute Mitbestimmungspolitik trägt zur vielfältigen und demokratischen Kultur in Gewerkschaften, Betrieben und in unserer Gesellschaft bei.
Dr. Andreas Zeuch
Partizipative Nachhaltigkeitsentwicklung – Wie wir Nachhaltigkeit und Demokratie zugleich entwickeln können
Trotz immens steigenden Wissens über die Klimakrise ändert sich bislang viel zu wenig bei zwei wichtigen zivilgesellschaftlichen Akteuren: Organisationen und Bürger*innen. In diesem Beitrag wird ein Ansatz vorgestellt, mit dem es gelingen könnte, beide Gruppen gleichermaßen für eine gelingende Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft zu bewegen.
Franca Schreiber
Unternehmen als Orte gelebter Demokratie
Der Beitrag stellt das neue Bildungsangebot des Landtags Rheinland-Pfalz für Unternehmen vor. Darin setzen sich Auszubildende und Führungskräfte gemeinsam mit Fragen zu Demokratie in der Wirtschafts- und Arbeitswelt auseinander. Das Programm will ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Demokratie leisten können und dies nicht nur aus normativer, sondern auch wirtschaftlicher Perspektive relevant ist.

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