Partizipation und Demenz

Wie Menschen mit Demenz erfolgreich im Beteiligungsprozess integriert werden können

Oft wird angenommen, dass Menschen mit Demenz nicht mehr politisch partizipieren könnten. Doch besonders Menschen in frühen Stadien der Demenz können mit richtiger Unterstützung aktiv Entscheidungsprozesse mitgestalten.

Partizipation bedeutet eine aktive Mitbestimmung. Doch gerade Menschen mit Demenz werden oft nicht in Beteiligungsprozesse eingebunden, weil ihre kognitiven Veränderungen als Hindernis angesehen werden. Die Fähigkeit, ihr Selbstbestimmungsrecht auszuüben und aktiv Entscheidungen zu treffen, wird ihnen häufig nicht mehr zugemutet. Wenn jedoch die richtige Methode angewendet wird und die Bereitschaft zur Unterstützung vorhanden ist, steht der Beteiligung von Menschen mit Demenz wenig im Weg. Angesichts ihrer kognitiven Veränderungen muss der Prozess jedoch sorgfältig durchdacht und vorbereitet werden. Im Rahmen des Projekts „Demenz im Quartier“ der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.V. wurde eine Handreichung veröffentlicht, die darlegt, wie Partizipation trotz Demenz gelingen kann. 

Menschen mit kognitiven Veränderungen erfahren oft, dass sie bei herkömmlichen Beteiligungsprozessen nicht mithalten können oder dass ihnen nicht auf Augenhöhe begegnet wird. Es ist daher wichtig, die Bedingungen so anzupassen, dass ihre Partizipation in der Gesellschaft ermöglicht wird und niemand bloßgestellt oder vorgeführt wird. Die Handreichung präsentiert die erforderlichen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Beteiligung.

Eine Demenzerkrankung schließt eine effektive Beteiligung grundsätzlich nicht aus. Es müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen geklärt werden. Beteiligte sollten ein grundlegendes Verständnis für die aktuellen Geschehnisse haben und über ausreichende kognitive Fähigkeiten verfügen. Eine Beeinträchtigung des Gedächtnisses ist kein Hindernis, solange die Person in der Lage ist, über einen begrenzten Zeitraum aufmerksam zu sein und einen Beitrag zu leisten. Dies kann auch nonverbal geschehen. Wenn diese grundlegenden Voraussetzungen erfüllt sind, kann unter den richtigen Umständen eine erfolgreiche Beteiligung ermöglicht werden.

Individuelle Unterstützung kann die Teilnahme erleichtern, zum Beispiel durch ehrenamtliche oder berufliche Helfer*innen mit Verständnis für Assistenz. Angehörige könnten auch angefragt werden, wobei dies sowohl förderlich als auch hinderlich sein kann. Eine verantwortungsvolle Moderation kann zudem eine Kultur auf Augenhöhe etablieren. 

Lebendige Ansätze mit visuellen Darstellungsformen, kreativen Diskussionsmethoden und Arbeitsweisen können die Partizipation für alle Beteiligten erleichtern. Beispielsweise eignet sich die Fishbowl-Methode, bei der die Diskussionsteilnehmer in einem Kreis angeordnet sind. Ebenso kann die Brainwalking-Methode, die Bewegung und Ideenfindung kombiniert, wertvoll sein. Das Tempo der Aktivitäten sollte auf die kognitiv beeinträchtigten Personen abgestimmt sein. Das bedeutet, dass die anderen Beteiligten einen höheren Arbeitsaufwand in Kauf nehmen müssen und bereit sein sollten, sich auf neue Arbeitsweisen einzulassen.

Die Beteiligung von Menschen mit Demenz erfordert zwar mehr Aufwand, bringt jedoch klare Vorteile mit sich. Grundsätzlich können sie in Entscheidungen verschiedener Themenfeldern eingebunden werden, wobei ihre Beteiligung natürlich dann sinnvoll ist, wenn das Vorhaben ihre Interessen trifft. Besonders bei Entscheidungen, die die Menschen mit Demenz direkt berühren, können die Betroffenen daher ihre Expertise einbringen und so die Qualität der Arbeit erhöhen. Auch die anderen Teilnehmer*innen können profitieren, indem sie ein besseres Verständnis für das Leben mit kognitiven Beeinträchtigungen entwickeln und die praktische Zusammenarbeit üben. Besonders wichtig ist jedoch, dass die Beteiligung von Menschen mit Demenz ihren Menschenrechtsanspruch auf Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe verwirklicht. 

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Jörg Sommer, Bernd Marticke

Status quo und Potentiale der innerbetrieblichen Partizipation Buchabschnitt

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