Energiewende-Kurs zum Nachteil der Bürgerenergie

Foto: Erhard Renz via flickr.com , Lizenz: CC BY 2.0

In Erfurt fand am 25.- 26. September 2015 der Konvent-Bürgerenergie statt.  Unter dem Motto „Mit Mut in die Zukunft – die Stärken der dezentralen Energiewende!“ haben sich Akteure der Bürgerenergie zwei Tagen lang versammelt, um Strategiedebatten zu führen, sich gemeinsam weiterzubilden und über Vorbildprojekten der Bürgerenergie auszutauschen. In einem vorherigen Beitrag hat die Redaktion schon einmal hervorgehoben, das Bürgerenergie-Projekte die soziale Akzeptanz für erneuerbare Energie-Anlagen substanziell erhöhen gegenüber Projekten, die von großen Energiekonzerne umgesetzt werden.

Nach dem Treffen lässt sich unter anderem feststellen, dass die Stimmung vor Ort von Verunsicherung und Frustration geprägt ist. Die Akteure, die die Energiewende im Bürgerhand gestalten, empfinden das Handeln des Bundeswirtschaftsministeriums als eine Hürde. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sei mit immer größeren Hürden konfrontiert, was das energiewirtschaftliche und gesellschaftliche Potential der Bürgerenergie einschränke. „Ein großes Problem für die Bürgerenergie ist das Vorhaben des Bundeswirtschaftsministeriums, die Förderberechtigung für erneuerbare Energie-Anlagen nur noch durch Ausschreibungen zu vergeben. Dies gefährdet die Existenz von Bürgerenergie. Große Energiekonzerne haben deutlich bessere Chancen, sich bei Ausschreibungen durchzusetzen“, sagt Dr. René Mono, Vorstandsvorsitzender des Bündnis Bürgerenergie, in einer Pressemitteilung des Bündnisses.

„Ein großes Problem für die Bürgerenergie ist das Vorhaben des Bundeswirtschaftsministeriums, die Förderberechtigung für erneuerbare Energie-Anlagen nur noch durch Ausschreibungen zu vergeben. Dies gefährdet die Existenz von Bürgerenergie.“

Verbände und Unternehmen plädieren für gesonderte Konditionen für Bürgerenergieprojekte im Ausschreibungsdesign, was jedoch das Bundeswirtschaftsministerium bisher ablehnt. Zur Zeit müssen die Beteiligten im Ausschreibungsverfahren hohe Beträge vorfinanzieren, ohne dass sie die Garantie haben, ihr Projekte umsetzen zu können. Dies verstärkt die Verunsicherung und Zurückhaltung bei den Bürgerinnen und Bürger, viel Geld in Projekte zu stecken, die dann vielleicht am Ende nicht gebaut werden dürfen. Große Anbieter und Energiekonzerne gehen dieses Risiko zwar auch ein, haben jedoch die Möglichkeit, das Risiko auf mehrere Projekte zu verteilen und so für das einzelne Projekt das Risiko erträglich zu halten. Das Geschäftsmodell der Energie in Bürgerhand ist anders, deshalb sollten hier auch gesonderte Konditionen gelten.

Unterstützung bekommen die Verbände und Unternehmen, die Bürgerenergie fördern, aus dem Thüringischen Ministerium für Umwelt, Energie und Nachhaltigkeit sowie vom Land Mecklenburg-Vorpommern. Das thüringische Ministerium hat sich nach dem Konvent bereit erklärt, sich in Gesprächen mit dem Bundeswirtschaftsministerium dafür einzusetzen, dass weiterhin eine breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bei der Energiewende möglich ist. Mecklenburg-Vorpommern hat am 6.10.15 ein eigenes Landesenergiekonzept beschlossen, das den Einwohnern/innen des Landes die Möglichkeit bieten soll, sich an der Investition von Windrädern zu beteiligen und somit mit der Energiewende Geld zu verdienen. Bei künftigen Projekten sollen Anliegergemeinden und Privatpersonen insgesamt ein Fünftel der Anteile zur Verfügung gestellt werden. Wenn das Konzept vom Parlament gebilligt wird, wird die Reaktion des Bundeswirtschaftsministerium besonders spannend, da diese Regelung gegen die neue Ausschreibungspraxis vorstößt.

Literaturhinweise

137 Einträge « 13 von 14 »

Carsten Herzberg; Anja Röcke; Yves Sintomer

Von Porto Alegre nach Europa. Möglichkeiten und Grenzen des Bürgerhaushalts Buchabschnitt

In: Heinz Kleger; Jochen Franzke (Hrsg.): Kommunaler Bürgerhaushalt in Theorie und Praxis am Beispiel Potsdams, Universitätsverlag Potsdam, Potsdam, 2006.

Links | BibTeX

Stef Steyaert; Hervé Lisoir; Michael Nentwich

Leitfaden partizipativer Verfahren. Ein Handbuch für die Praxis Buch

ITA-Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien, 2006.

BibTeX

Thomas Petermann; Constanze Scherz

TA und (Technik-)Akzeptanz(-forschung) Artikel

In: Technikfolgenabschätzung - Theorie und Praxis , Bd. 3, Nr. 14, S. 45-53, 2005.

Abstract | Links | BibTeX

Ortwin Renn

Technikakzeptanz: Lehren und Rückschlüsse der Akzeptanzforschung für die Bewältigung des technischen Wandels Artikel

In: Technikfolgenabschätzung - Theorie und Praxis , Bd. 3, Nr. 14, S. 29-38, 2005.

Abstract | Links | BibTeX

Petra Böhnke

Am Rande der Gesellschaft: Risiken sozialer Ausgrenzung Buch

Verlag Barbara Budrich , Leverkusen, 2005, ISBN: 978-3938094938.

BibTeX

Renn; Carius; Kastenholz; Schulz

EriK - Entwicklung eines mehrstufigen Verfahrens der Risikokommunikation Buch

Akademie für Technikfolgenabschätzung, Stuttgart, 2005.

BibTeX

Stiftung Bertelsmann; NRW Innenministerium

Kommunaler Bürgerhaushalt – ein Leitfaden für die Praxis Forschungsbericht

2004.

Links | BibTeX

Archon Fung

Recipes for Public Spheres: Eight Institutional Design Choices and Their Consequences Artikel

In: The Journal of Political Philosophy, Bd. 11, Nr. 3, S. 338-367, 2003.

Links | BibTeX

Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd)

Auswahlverfahren für Endlagerstandorte - Empfehlungen des AkEnd Forschungsbericht

Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) 2002.

Abstract | BibTeX

Jeanette Behringer

Legitimität durch Verfahren? Bedingungen semi-konventioneller Partizipation: eine qualitativ-empirische Studie am Beispiel von Fokusgruppen zum Thema »Lokaler Klimaschutz« Buch

Roderer, Regensburg, 2002.

BibTeX

137 Einträge « 13 von 14 »

Stöbern Sie in unserem Literaturverzeichnis ...

Methodenhinweise

Kommunaler Planungsworkshop
Der Planungsworkshop unterstützt mit seinem strukturierten Ablauf und geringen Zeitanspruch Kommunen bei der Ausarbeitung eines Aktionsplans. Die Methode ist besonders geeignet für Gruppen, die bereits über eine gemeinsame Vision verfügen.

Deliberative Mapping
Beim Deliberativen Mapping entwickeln Fachleute und Bürger gemeinsam in einem konsultativen Verfahren priorisierte Handlungsalternativen zur Bearbeitung eines Konfliktthemas.

Weitere Methoden finden Sie in unserer Methodendatenbank ...