Partizipativer Tourismus
Wie Konflikten zwischen Urlauber*innen und der lokalen Bevölkerung vorgebeugt werden kann
Ob auf Bali, Mallorca, in Amsterdam oder in Berlin. Tourismus kann für die lokale Bevölkerung zugleich Fluch und Segen sein. Während die Tourist*innen die lokale Wirtschaft stärken, Arbeitsplätze schaffen und ein Treiber für den internationalen Zusammenhalt sein können, ächzen viele beliebte Urlaubsziele unter der schieren Masse und dem Fehlverhalten einzelner Tourist*innen.
Aufmerksamkeit hat das Thema zuletzt durch das Fehlverhalten von Einzelpersonen auf Bali bekommen, die sich in den lokalen heiligen Stätten nicht an die Benimmregeln gehalten haben. Die lokale Regierung hat auf den Unmut in der lokalen Bevölkerung mit Maßnahmen wie Ausweisungen, dem Verbot vom Besteigen heiliger Berge, Limitierungen beim Mieten von Leihrollern und dem Verteilen von Benimmregeln reagiert. Auch Einreiseverbote für Tourist*innen bestimmter Länder sind im Gespräch.
Diese drastischen Maßnahmen kommen bei der Bevölkerung insgesamt gut an, beschränken aber auch die Urlauber, die sich an die lokalen Regeln halten und ein ernsthaftes Interesse daran haben, die Kultur kennenzulernen, indem sie z. B. die heiligen Stätten besuchen.
Das Beispiel zeigt: im Tourismus müssen die Interessen aller berücksichtigt werden. Sowohl die lokale Bevölkerung als auch die potenziellen Tourist*innen sollten gehört werden, um einen Mittelweg zu finden. Hier kann gut gemachte Beteiligung helfen, gemeinsame Lösungen zu entwickeln und einen gesunden Tourismus aufzubauen.
In Berlin ist Anfang des Jahres ein Bürgerbeirat zusammengekommen, um den zukünftigen Tourismus in Berlin unter Beteiligung von Bürger*innen zu planen. Das Pilotprojekt von visitBerlin und der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe läuft noch bis 2025 und versucht einen Mittelweg zwischen einem wirtschaftsfördernden Tourismus und den Interessen der Berliner*innen für eine lebensfreundliche Stadt zu finden. Auch Personen, die nicht im Beirat sind, können ihre Meinung einbringen. Jede zweite Sitzung des Bürgerbeirats ist öffentlich. Mehr Informationen zu dem Projekt finden Sie HIER.
Literaturhinweise
Bürgerbeteiligung in der Postdemokratie Artikel
In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Bd. Band 1-2, S. 13-18, 2011.
Ungleiche Verteilung politischer und zivilgesellschaftlicher Partizipation Artikel
In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Bd. Band 1-2, S. 18-25, 2011.
Medienmix in der Bürgerbeteiligung: Die Integration von Online-Elementen in Beteiligungsverfahren auf lokaler Ebene Buch
edition sigma, Berlin, 2009, ISBN: 978-3836072830.
Demokratie! Nein danke? Demokratieverdruss in Deutschland Buch
Dietz Verlag, Berlin, 2009, ISBN: 978-3801203900.
Klassenherrschaft und politisches System. Die Selektivität politischer Institutionen Buchabschnitt
In: Claus Offe; Jens Borchert; Stephan Lessenich (Hrsg.): Strukturprobleme des kapitalistischen Staates, Campus Verlag, Frankfurt am Main, 2006.
Massenmedien und lokaler Protest Buch
Westdeutscher Verlag, Opladen, 2002.
Die Konsensus Konferenz in Theorie und Anwendung. Gutachten im Auftrag der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg Forschungsbericht
Akademie für Technikfolgenabschätzung Stuttgart, 1999.