Mitgedacht – Mitgemacht

In der Stadt Beeskow in Ostbrandenburg ist dieses Jahr ein Pilotprojekt für Bürgerbeteiligung gestartet. Ein Interview mit der Initiatorin Karolin Ring.

Was ist das Projekt „Mitgedacht – Mitgemacht“?

Mitgedacht – Mitgemacht ist ein Pilotprojekt für Bürger*innenbeteiligung, das seit 8 Monaten in Beeskow in Ostbrandenburg läuft. Unsere Mission ist es, eine Lösung vor den Landtagswahlen 2024 anzubieten, die aktiv das schwindende Vertrauen in Politik und Demokratie in Gemeinden und Städten im Osten zurückgewinnt. Täglich erproben wir dafür auf unterschiedlichen Wegen, wie Bürger*innen ohne viel Aufwand Politik und Gesellschaft im Ort mitgestalten können. So können die Beeskower*innen zum Beispiel auf 11 unterschiedlichen Wegen on- und offline ihre Meinung zu einem relevanten und akuten Thema in der Verwaltung teilen. Es gibt ein Bürgerbüro in zentraler Lage, Klartext-Sprechstunden zu kontroversen Themen und die Möglichkeit einfach und schnell Bürgeranliegen zu klären. 

In vielen ländlichen Regionen im Osten Deutschlands ist das Vertrauen in die Politik vergleichsweise geringer als im Rest Deutschlands, inwiefern trägt Ihr Projekt dazu bei, schwindendes Vertrauen wieder aufzubauen?

Ich bin davon überzeugt, dass Bürgerbeteiligung ein entscheidender Baustein ist, Menschen wieder für Politik zu interessieren, Vertrauen in politische Akteur*innen zurückzugewinnen und die Stadtgesellschaft und das Leben in der Kommune wieder positiver wahrzunehmen. Durch Beteiligung werden Menschen gehört und mit ihren Themen, Sorgen und Wünschen gesehen. Wenn Menschen bei bestimmten Prozessen und Entscheidungen mitreden und mitgestalten können, entsteht ein Gemeinschaftsgefühl. Sie fühlen sich selbstwirksam und offener gegenüber möglichen Veränderungen.

Welches Feedback erhalten Sie von den Einwohner*innen Beeskows für das Projekt? Und welche Bilanz würden Sie selber ziehen?

Immer Dienstag und Donnerstag ist das Bürgerbüro geöffnet, hier kommen wir also direkt mit den Beeskower*innen in Kontakt. Ich bin überrascht, wie viele Menschen in den Laden kommen und eine Idee und Zeit für die Stadt mitbringen. Manche Ideen lassen sich binnen einer Woche umsetzen, wie eine Marmeladenglas-Sammelstation an den Glascontainern, andere, wie ein Mittagessen für jedes Schulkind, müssen längere Prozesse durchlaufen. Bei den Einwohner*innen und auch bei der Verwaltung erlebe ich eine große Offenheit für das neue Projekt. Von der Politik wünsche ich mir noch mehr Interesse, Bürgerbeteiligung als Chance für gezieltere Entscheidungen zu verstehen. Generell ist Beteiligung nicht nur ein Marathon, sondern ein Ultra-Marathon. Es braucht also einen langen Atem, um über Beteiligung nicht nur zu sprechen, sondern sie selbstverständlich in unseren Städten und Gemeinden zu leben. 

Was sind ihre Zukunftsvisionen für das Projekt? 

Für Mitgedacht – Mitgemacht ist die erste Pilotphase mit dem Ende der JoinPolitics-Förderung im Dezember 2023 zu Ende. Auf Basis des Gelernten werden wir im Dezember Empfehlungen erarbeiten, die ich im neuen Jahr der Verwaltung und Stadtverordnetenversammlung vorstelle. Meine Wunschvorstellung ist es, dass die Bürger*innenbeteiligung fest in der Stadtverwaltung verankert wird und auch optisch und haptisch im Stadtbild einen festen Platz bekommt. Bevor wir unser Pilotprojekt umgesetzt haben, recherchierten wir uns zwei Monate durch ganz Deutschland, um herauszufinden, wo es bereits die besten Umsetzungen zur Bürger*innenbeteiligung gibt. Ich wünsche mir, dass unser Projekt seinen Anteil dazu leistet, andere Orte zu inspirieren und Politik wieder positiv und auf einem einfachen Weg in den Alltag der Menschen zu rücken. 

Alle weiteren Informationen finden Sie HIER.

Zur Person

Karolin Ring ist studierte Medienwirtschaftlerin, Journalistin und engagiert sich seit Jahren auf kommunaler Ebene in ihrer Heimatstadt Beeskow. Neben „Mitgedacht-Mitgemacht“ verantwortet sie als UN Kinderrechtsexpertin das Projekt der Kinderfreundlichen Kommune Beeskow. Kontaktaufnahme gerne über ihr LinkedInprofil.