Gemeinsam in eine klimaneutrale Zukunft

Wie der Berliner Klimabürgerrat den Senat berät

Bürgerräte schwingen sich zu einer beliebten Form der Beteiligung an einer klimaneutralen Zukunft auf. In Berlin übernimmt nun der Senat mehrheitlich die Empfehlung des Klimabürgerrats.

Manoel Eisenbacher - Klimabürgerrat präsentiert seine Ergebnisse im AGH

Bürgerräte werden besonders im Umgang mit der Klimakrise als Format genutzt. Das Ziel ist, den Umgang mit dem Klimawandel gesellschaftsverträglich und gerecht zu gestalten. Die Bürgerräte geben Handlungsempfehlungen ab, die dann in der Politik diskutiert werden.

Im letzten Jahr (2022) hat die Volksinitiative „Klimaneustart Berlin“ einen Berliner Klimabürgerrat angestoßen, der vom Senat umgesetzt wurde. Der Berliner Klimabürgerrat setzt sich aus 100 zufällig ausgelosten Berliner*innen zusammen, die sich über acht Wochen intensiv damit beschäftigt haben, wie Berlin klimaneutral werden kann. Die Teilnehmer*innen wurden von Expert*innen beraten und ein Moderationsteam begleitete die Diskussionen. Um eine für die Stadt repräsentative Zusammensetzung des Bürgerrats zu gewährleisten, wurden bei der Zufallsauswahl die Kriterien Alter, Geschlecht, Bildungsabschluss, Wohnbezirk und Migrationserfahrung berücksichtigt. Insgesamt hat der Bürgerrat neun mal getagt. 

Das Ziel des Klimabürgerrats war herauszufinden, welche Maßnahmen die Berliner*innen bereit sind, für den Klimaschutz mitzutragen und wie diese Maßnahmen gerecht und gemeinschaftsfähig ausgestaltet werden können. Die Ergebnisse des Klimabürgerrats wurden im Juni 2022 in Form von 47 Handlungsempfehlungen für eine künftige Klimapolitik an die Berliner Senatorin für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz überreicht. 

Die Empfehlungen unterteilen sich in die Bereiche Mobilität, Gebäude, Energie, Konsum und Grünfläche. 

Im Bereich der Mobilität schlagen die Teilnehmer*innen beispielsweise als Sofortmaßnahme autofreie Tage vor, an denen der öffentliche Nahverkehr kostenlos sein soll. Zudem soll der Nahverkehr ausgebaut und vergünstigt sowie Autofahren durch z. B. teure Parkmöglichkeiten weniger attraktiv gemacht werden. Im Straßenverkehr fordern die Mitglieder des Bürgerrates Busse und Fahrräder Vorrang gegenüber dem Autoverkehr zuzusprechen. Das Ziel sollte eine emissionsfreie Innenstadt ab 2030 sein.

Im Handlungsfeld Gebäude soll eine schnelle energetische Sanierung mit Hilfe einer Sanierungspflicht stattfinden. Bei der Sanierung ist dem Rat der Schutz vor Mieterhöhungen und die Rücksichtnahme auf kleine Vermieter*innen wichtig.  

Im Bereich Energie sollen die bürokratischen Hürden, beispielsweise bei der finanziellen Beteiligung der Bevölkerung, abgebaut werden. Es sollen Bürgerenergieanlagen gefördert und eigene kleine PV-Anlagen ermöglicht werden. Zudem wird ein Verbot von Gas- und Erdölheizungen bis 2035 vorgeschlagen. Außerdem sollen Maßnahmen getroffen werden, die dem Fachkräftemangel im Bereich klimaneutrale Wärmewende und Solarausbau entgegenwirken.

Die letzten beiden Themenfelder beziehen sich auf den Konsum und auf die Grünflächen in der Hauptstadt. Es wird empfohlen, eine stärkere Aufklärung für klimafreundliches Konsumverhalten zu verfolgen. Zum Beispiel zu Themen des Fleischkonsums und der Kreislaufwirtschaft. Zudem wird gefordert, Lebensmittelverschwendung gesetzlich zu bekämpfen und Dachbegrünung sowie die Entsiegelung von öffentlichen Flächen voranzubringen 

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Bürgerrat sich für schnellere Klimaschutzmaßnahmen, eine stärkere Einbeziehung der Bevölkerung und für eindeutige Regeln zur Reduzierung des CO₂-Ausstoßes ausspricht.

Der Berliner Senat möchte von den 47 Empfehlungen des Klimabürgerrats 31 Empfehlungen vollständig und 12 teilweise übernehmen. Zu nennen sind hier beispielsweise die Empfehlung für einen Abbau der bürokratischen Hürden beim Ausbau erneuerbarer Energie oder die Empfehlung zum schrittweisen Ersatz von Öl- und Gasheizung in klimaneutrale Alternativen. Die Empfehlung für eine sogenannte City-Maut oder eine emissionsfreie Innenstadt bis 2030 wurde vom Senat abgelehnt, welcher auf andere Maßnahmen hin zu einer Null Emissions-Zone verwies. 

Weitere Informationen zu den Aktivitäten des Klimabürgerrats finden Sie auf der Webseite des Berliner Klimabürgerrats.

Abschließend ist festzuhalten, dass Bürgerräte wie der Berliner Klimabürgerrat durchaus Ihren Zweck erfüllen, aber mehr als ein Format der partizipativen Politikberatung, denn als Format der Bürgerbeteiligung anzusehen sind. Im Fall des Berliner Klimabürgerrates wurden unter 0,003 Prozent der Bürger*innen in den Prozess einbezogen. 

 

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Literaturhinweise

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Kinder und Jugendliche im Quartier - Handbuch und Beteiligungsmethoden zu Aspekten der urbanen Sicherheit Forschungsbericht

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Jascha Rohr, Hanna Ehlert, Sonja Hörster, Daniel Oppold, Prof. Dr. Patrizia Nanz

Bundesrepublik 3.0 Forschungsbericht

Umweltbundesamt 2019, (Ein Beitrag zur Weiterentwicklung und Stärkung der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie durch mehr Partizipation auf Bundesebene).

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