Regieren in Kommunen
Eine Kommune richtig ‚managen‘, nicht nur verwalten. Nicht politische Teilhabe spielen, sondern spielerisch politisch teilhaben. Wer wissen möchte, wie das geht und mehr über neue Ansätze des kommunalen Regierens oder die sogenannte Gamification politischer Entscheidungsprozesse erfahren möchte, kann im neuen Sammelband „Regieren in Kommunen. Herausforderungen besser bewältigen – Außen- und Binnenorientierung beeinflussen“, durchaus fündig werden. Mitautor und Herausgeber ist der Verwaltungswissenschaftler Elmar Hinz. Der Band verfolgt einen interdisziplinären Ansatz und versammelt Beiträge vorwiegend aus Politik, Verwaltungswissenschaft, Betriebswirtschaftslehre und aus dem Dienstleistungs- und Beratungssektor. „Regieren in Kommunen“ ist das Ergebnis einer gleichnamigen Tagung des Instituts für Public Management und Governance. Dort widmete man sich 2015 der Frage, welche Herausforderungen aktuell auf die kommunale Steuerung zukommen.
Zum Inhalt
Formuliertes Ziel der Autor*innen ist es, die öffentliche Verwaltung wissenschaftlich und praxisbezogen zu analysieren und schlussendlich eigene Empfehlungen für das kommunale Regieren auszusprechen. So soll auch den zunehmenden gesellschaftlichen Partizipationsansprüchen entsprochen werden.
Der Band gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil widmet sich vor allem der Frage, inwiefern Verwaltungswissenschaften auch als Managementlehre verstanden werden sollten. Prinzipiell gehen die Autor*innen von Management als Tool zur kommunalen Politik oder gemeindeübergreifender Projektarbeit aus. Managementlehre soll v. a. die Praxis jeglicher Vorgänge, Steuerung und Entwicklung von Kommunen genauer untersuchen. Obwohl sich der geneigte Fachwissenschaftler wahrscheinlich schnell in der Materie zurecht findet, wirkt dieser Teil für fachfremde Augen etwas undurchdringlich.
Beachtenswertes zur Steuerung bei Großprojekten
Für Partizipationspraktiker und -theoretiker ist der zweite Teil des Sammelbands spannend. Hier wird stärker auf praxisbezogene Beispiele zu „Herausforderungen der kommunalen Steuerung“ eingegangen. Ein interessantes Kapitel stellt etwa „Regieren und anwendungsorientierte Steuerung am Beispiel öffentlicher Großprojekte“ von der Verwaltungswissenschaftlerin Christina Schaefer dar. Um Misserfolgen und Kostensteigerungen wie bei Stuttgart 21 oder dem Berliner Flughafen vorzubeugen, reiche es nicht aus, die Schuld bei technischer Bauführung und Planung zu suchen. Großprojekte, so die Autorin, bedürfen einer vorausgehenden sauberen, genauen Planung und Einbeziehung verschiedener Beteiligter. Vor allem Fehlinformationen führen bei politischen Entscheidungsprozessen etwa zu steigenden Kosten. Schaefer wirft einen interessanten und interdisziplinären Blick auf die unterschiedlichen Elemente einer gelungenen Steuerung von Großprojekten.
Gamification – spielerisch Teilhaben
Ein weiterer interessanter Beitrag widmet sich der Gamification bei politischen und bürgerschaftlichen Teilhabeprozessen. Wie der englische Begriff vermuten lässt, handelt es sich schlicht um den Einsatz spielerischer Elemente in nicht-spielerischen Kontexten. Nach einer Hinführung zum Thema des Bürgerbeteiligungsdilemmas – eigentlich kann jeder, aber keiner macht mit – gehen die beiden Autor*innen Kai Masser und Linda Mory näher auf die Methode der spielerischen Bürgerbeteiligung ein. Hauptsächlich soll diese mehr Bürger*innen dazu motivieren, sich zu beteiligen; auch wenn das Thema außerhalb der eigenen persönlichen Betroffenheit liegt. Anhand von zwei Beispielen, dem Potsdamer Bürgerhaushalt und dem Unternehmen SAP, zeigen die Autor*innen, welche Vorteile durch Gamification gewonnen werden können. In Potsdam hat man sich etwa Castingshows zum Vorbild genommen. Statt nur bei der oft drögen und komplizierten Aufstellung des Haushalts dabei zu sein, können die Bürger*innen eigene Vorschläge für das kommende Haushaltsjahr machen. Am Ende ‚voten‘ sie für ihren ‚Lieblingsvorschlag’ und werden über die Umsetzung der besten 20 laufend informiert.
Der dritte Teil widmet sich dann den konkreten Handlungsempfehlungen und der wirkungsorientierten Verwaltungsführung. Es wird also wieder fachspezifischer. Partizipationsmodelle werden hier nur bei Sebastian Schreiner erwähnt, der auf „Produktorientierte Stellenbildung als Weg zur Neuorganisation der Kommunalverwaltung“ eingeht. Hinter diesem Titel verbirgt sich u. a. der Ansatz, Mitarbeiter*innen bei anstehenden Organisationsveränderungen stärker zu beteiligen. Indem man sie zu Abläufen, Problemen etc. befragt, können breitere Lösungsansätze erarbeitet werden. Zudem stärkt Mitarbeiterbeteiligung die Akzeptanz der Neustrukturierung. Ohnehin ist laut Meinung des Autors eine Organisationsveränderung ohne Partizipation gar nicht denkbar (Schreiner 2017: 154).
Fazit
Der Sammelband „Regieren in Kommunen“ bleibt ein Buch für Verwaltungs- und Kommunalwissenschaftler. Für einen einfachen Einstieg in das Thema kommunaler Führung und Politik ist es ungeeignet. Aus Sicht der Partizipationsforschung und -anwendung bietet dieser Band jedoch spannende Praxisbeispiele für Kommunen, Projektplaner und Bürgerorganisationen. Eine Stärke des Buches ist dabei der anwendungsorientierte und interdisziplinäre Ansatz.
Buchinformationen
Autoren: Elmar Hinz (Hrsg.)
Titel: Regieren in Kommunen. Herausforderungen besser bewältigen – Außen- und Binnenorientierung beeinflussen
Verlag: Springer VS
Erscheinungsjahr: 2017
ISBN: 978-3-658-14609-2
Literaturhinweise
Methodenhinweise
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