E-Voting: Die Lösung des Wahlbeteiligungsproblems?

Foto: Ministerio TIC Colombia via flickr.com, Lizenz: CC BY 2.0

Wahlen sind die Säulen, auf denen jede funktionierende Demokratie baut. Sie sind eine zentrale Möglichkeit, den politischen Kurs des eigenen Landes mitzubestimmen und zu gestalten. Doch rückläufige Wahlbeteiligung stellen europäische Demokratien vor eine große Herausforderung. Bei der Landtagswahl 2012 in Nordrheinwestfalen beispielsweise gaben 59,6% der Wahlbeteiligten ihre Stimme ab. Das sind knapp 15% weniger als noch Mitte der 70er Jahre [1].

Parallel zu dieser Entwicklung wächst der Einfluss des Internets. 2015 hatten 77,6 % der deutschen Bevölkerung einen Internetanschluss. Tendenz steigend [2].

Gibt es eine Möglichkeit das wachsende Interesse an digitaler Vernetzung zu nutzen, um die sinkende Wahlbeteiligung aufzufangen? Worin liegen Chancen, sowie Risiken einer vermehrt virtuell praktizierten Beteiligung?

E-Government

E-Government ist ein Konzept, das in den letzten Jahren stetig an Zuwachs gewonnen hat. Darunter gefasst werden beispielsweise alle Informationsplattformen, E-Petitionen oder eben Wahlen, die entweder gänzlich oder durch das Internet unterstützt durchgeführt werden. Sie gehören schon heute zum politisches Alltag, haben ihr vollständiges Potential jedoch noch nicht ausgeschöpft.

Fallbeispiele

Estland ist weltweit das erste und einzige Land, welches seit 2005 zusätzlich zu „traditionellen Wahlmöglichkeiten“ auch die Stimmabgabe über das Internet ermöglicht. Durch die Identifikation über eine Chipkarte, die in den Personalausweis integriert ist, können estnische Bürgerinnen und Bürger überall dort wählen, wo sie Internetzugang haben. Die Wahlbeteiligung konnte dadurch bisher nicht signifikant gesteigert werden, jedoch nimmt sie auch nicht weiter ab, wie es in den Jahren davor kontinuierlich der Fall war.  E-Voting erfreut sich wachsender Beliebtheit: Nutzten 2005 gerade mal 1,85% der Wählerinnen und Wähler das Internetangebot, waren es 2014 bereits 31,4% [3].
Länder wie die Schweiz oder Großbritannien experimentieren in Pilotprojekten mit diesem Format.

Chancen und Risiken

Durch bequemes Wählen von Zuhause oder unterwegs soll die Wahlbeteiligung erhöht werden. Vor allem junge Wähler soll das fortschrittliche Wahlinstrument zur Stimmabgabe motivieren. Das E-Voting Prinzip bringt jedoch auch andere Vorteile mit sich. Zumindest theoretisch sinken die Kosten einer Wahl erheblich, da weniger Wahlhelfer notwendig müssen und weniger Papier gedruckt wird. Außerdem wird das Wahlprozedere und die Auswertung erleichtert.
Gleichzeitig bringt das digitalisierte Wählen auch Risiken mit sich. Dabei stehen vor allem sicherheitstechnische Risiken im Vordergrund. Überlastung und Zusammenbruch des Servers, Viren, Zwischenergebnismanipulation und Datenverlust sind dabei nur einige Aspekte. Auch die Exklusion von Personen, die nicht über das Know-How der Internetnutzung verfügen wird als kritisch angesehen. [4]

Fazit

Ob E-Voting die politische Realität der Zukunft bestimmen wird und dadurch auch tatsächlich die Wahlbeteiligung steigt, ist abzuwarten. Wahrscheinlich ist, dass immer mehr Elemente des E-Government zum Einsatz kommen, damit Bürgerinnen und Bürger besser informiert sind und eine verbesserte Kommunikation und Partizipation gewährleistet werden kann.

[1] Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen
[2] Internetnutzung in Deutschland
[3] Wahlen ist Estland
[4] E-Demokratie

Literaturhinweise

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Fritz Oser; Horst Biedermann

Partizipation – ein Begriff, der ein Meister der Verwirrung ist Buchabschnitt

In: Carsten Quesel; Fritz Oser (Hrsg.): Die Mühen der Freiheit: Probleme und Chancen der Partizipation von Kindern und Jugendlichen, S. 17-37, Rüegger, Zürich, 2006.

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Thomas Petermann; Constanze Scherz

TA und (Technik-)Akzeptanz(-forschung) Artikel

In: Technikfolgenabschätzung - Theorie und Praxis , Bd. 3, Nr. 14, S. 45-53, 2005.

Abstract | Links | BibTeX

Ortwin Renn

Technikakzeptanz: Lehren und Rückschlüsse der Akzeptanzforschung für die Bewältigung des technischen Wandels Artikel

In: Technikfolgenabschätzung - Theorie und Praxis , Bd. 3, Nr. 14, S. 29-38, 2005.

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Stiftung Bertelsmann; NRW Innenministerium

Kommunaler Bürgerhaushalt – ein Leitfaden für die Praxis Forschungsbericht

2004.

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Nuclear Energy Agency

OECD Nuclear Energy Agency: Stepwise Approach to Decision Making for Longterm Radioactive Waste Management Buch

Experience, Paris, 2004.

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Archon Fung

Recipes for Public Spheres: Eight Institutional Design Choices and Their Consequences Artikel

In: The Journal of Political Philosophy, Bd. 11, Nr. 3, S. 338-367, 2003.

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Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd)

Auswahlverfahren für Endlagerstandorte - Empfehlungen des AkEnd Forschungsbericht

Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) 2002.

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Peter Dienel

Die Planungszelle. Der Bürger als Chance Buch

VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden , 2002.

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Jürgen Blandow; Ulrich Gintzel; Peter Hansbauer

Partizipation als Qualitätsmerkmal in der Heimerziehung: eine Diskussionsgrundlage Buch

Votum, Münster, 1999, ISBN: 9783933158147.

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Ortwin Renn; Thomas Webler

Der kooperative Diskurs. Theoretische Grundlagen, Anforderungen, Möglichkeiten Buchabschnitt

In: Ortwin Renn; Hans Kastenholz; Patrick Schild; Urs Wilhelm (Hrsg.): Abfallpolitik im kooperativen Diskurs. Bürgerbeteiligung bei der Standortsuche für eine Deponie im Kanton Aargau, S. 3-103, vdf, Zürich, 1998.

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