Bundesrepublik 3.0

Ein Konzept zur Institutionalisierung von Bürgerbeteiligung auf Bundesebene

Eine neue Studie des Umweltbundesamtes widmet sich der Reformierung unserer repräsentativen Demokratie. Darin wird für einen Strukturwandel plädiert, der Bürgerbeteiligung in neuer Qualität auf Bundesebene erlauben soll.

Foto: Susanne Nilsson via flickr.com, Lizenz: CC BY-SA 2.0

In der jüngst erschienenen Publikation „Bundesrepublik 3.0 – Ein Beitrag zur Weiterentwicklung und Stärkung der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie durch mehr Partizipation auf Bundesebene“ des Umweltbundesamts werden Gestaltungsmöglichkeiten für institutionalisierte Bürgerbeteiligung auf Bundesebene vorgestellt. Mit der Bezeichnung Bundesrepublik 3.0 als ‚politisches Update‘ zur Bonner Republik 1.0 und Berliner Republik 2.0 wollen die Autoren verdeutlichen, dass ein grundlegender Strukturwandel des politischen Systems hin zu einer partizipativen Bundesrepublik notwendig ist.

Gestaltungsmöglichkeiten

Ziel der Studie ist es, anhand von diversen Praxisbeispielen Potenziale wirksamer Beteiligungsprozesse zu erkennen und daraus Möglichkeiten für die Bundesrepublik zu erarbeiten. Die Wissenschaftler identifizieren dabei eine Reihe unterschiedlicher Kontextfaktoren. Diese beeinflussen die Qualität und Wirkung der Beteiligungsformate und können drei Ebenen zugeordnet werden:

  1. Strukturelle Ebene: Sie umfasst die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, in denen Partizipation möglich ist.
  2. Verfahrensebene: Im Fokus steht hier das Design, also die formal-technische Ausgestaltung der Beteiligungsformate.
  3. Prozessebene: Sie bezieht sich v. a. auf die teilnehmenden Individuen (aus der Bürgerschaft, Politik, Wirtschaft etc.), deren Erfahrungen und Verhalten.

Für alle drei Bereiche benennen die Autoren Ausgestaltungspunkte und Herausforderungen. So ist ihrer Ansicht nach bspw. auf der ersten Ebene eine gute Ressourcenausstattung essentiell, um Anreize setzen, Wertschätzung zeigen und eine ausreichende Kommunikation, Dokumentation und Evaluation gewährleisten zu können.

Auf der zweiten Ebene führen sie u. a. die Kombination unterschiedlicher Rekrutierungsmodi als einen erfolgsrelevanten Gestaltungsfaktor an. Auf diese Weise können Vorteile unterschiedlicher Verfahren genutzt und deren Nachteile aufgewogen werden.

Für die dritte Ebene betonen Sie neben der Wichtigkeit einer generativen Prozessbegleitung die partizipative Bearbeitung kollektiver Erfahrungen. Dazu brauche es Regeln, geschützte Räume, zeitliche Kapazitäten sowie eine professionelle Begleitung. Auf diese Weise können Stimmungen, Emotionen oder individuelle Erfahrungen eingefangen werden, die sonst häufig in politischen Institutionen und Abläufen keinen Raum finden. Damit könne Vertrauen, Verständnis sowie kollektive Intelligenz generiert werden.

Beteiligungswerkstatt

Aufbauend auf der obigen Analyse stellen die Autoren anschließend ein Konzept für institutionalisierte Bürgerbeteiligung vor, welches der Weiterentwicklung und Stärkung des demokratischen Systems in Deutschland dienen soll.

Dabei ist diese sog. Beteiligungswerkstatt nicht als Partizipationsformat, sondern als dauerhafte Partizipationsinstitution gedacht. Die Autoren stellen sich diese als Akteur vor, der einerseits unmittelbar als Initiator von Bürgerbeteiligungsverfahren auftritt. Andererseits soll er sich der Kontrolle und Prüfung der Rahmenbedingungen widmen und die Anschlussfähigkeit zu anderen Akteuren (bspw. Ministerien oder Bundesämtern) des politischen Systems sicherstellen. Um die ihm angedachte Aufgabe als unabhängiges Verbindungselement zwischen Zivilgesellschaft und staatlichen Institutionen ausfüllen zu können, soll die Beteiligungswerkstatt über dauerhafte Strukturen verfügen. Neben einer rechtlichen Verankerung sehen die Autoren dazu insbesondere eine gute Ressourcenausstattung als wichtig an.

Abschließend veranschaulichen die Autoren anhand eines imaginären Beispiels – ein Dialog zum Thema künstliche Intelligenz – wie der Arbeitsablauf der Beteiligungswerkstatt zur Initiierung eines bestimmten Beteiligungsformats aussehen könnte.

Die Studie kann hier heruntergeladen werden.

Literaturhinweise

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