Jugendbeteiligung: Grundrechte für Kinder!

Foto: Wolfgang H. Wögerer via Wikimedia Commons Lizenz: CC BY SA 3.0

„Wir müssen auch an die Jugend denken“- wie oft ist dieser Satz nicht schon gefallen. Sei es nun in im Parlament, in Interviews, auf Konferenzen und Kongressen – aber auch in der Endlagerkommission. Diese Phrase ist symptomatisch für einige Debatten in unserem Land. Denn leider müsste der zweite Satz meist lauten „Gut, dass wir darüber geredet haben – und nun zurück zur Tagesordnung“. Denn über das Gedankenstadium kommen die guten Vorsätze bisher nicht hinaus.

Der Kinderreport 2015 wurde kürzlich vorgestellt. Herausgegeben wird er jährlich vom DeutschenKinderhilfswerk. Darin enthalten sind die Ergebnisse einer Umfrage: Drei Viertel der 10-17 Jährigen halten das Festschreiben von Kinderrechten im Grundgesetz für wichtig. Bei den Befragten Eltern sind es 69 Prozent.

Seit über 20 Jahren gilt die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen in Deutschland, bei der Umsetzung bestehen jedoch erhebliche Defizite, eine positive Entwicklung ist nicht erkennbar. So hat jedes zweite Kind noch nie etwas von Kinderrechten gehört und nur jeder fünfte Deutsche weiß ungefähr über Kinderrechte bescheid. Konkrete Inhalte der UN-Konvention kennt kaum jemand.

Während wir Deutschen international an vielen kinderrechtlichen Bestimmungen mitwirken, hinkt die Gesetzgebung im eigenen Land gewaltig hinterher. Höchste Zeit, endlich etwas zu unternehmen. Eine rechtliche Festschreibung würde dieser Situation schnell und unkompliziert Abhilfe verschaffen. Die vom Kinderhilfswerk vorgeschlagene Bildungsoffensive böte eine gute Ergänzung.

Eine zentrale Rolle sollte die Beteiligung der Jugendlichen spielen. Derzeit werden beispielsweise die Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Bundespolitik von den Kindern mit Abstand am schlechtesten bewertet. Auf einer Notenskala von eins bis sechs werden sie mit einer 5,1 abgestraft. Verwunderlich ist das nicht.

Das gilt auch für die Beteiligungsmöglichkeit bei der Endlagersuche. Für die Endlagerkommission besitzt besonders Artikel 12 der UN-Kinderrechts-Konvention erhebliche Relevanz:

 

Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.“ 

Eine langfristige politisch-strategische Planung wie die Lagerung von Atommüll wird noch viele Generationen von Kindern und Eltern betreffen. Einige Kommissionsmitglieder mögen die Beteiligung als notwendiges Übel erachten, und sprechen all zu gerne Jugendlichen das Interesse an Themen ab, die sie in unmittelbarer Zukunft betreffen werden. Alle meine persönlichen dun wissenschaftlichen Erfahrungen widerlegen das.

Im Gegenteil: Jugendliche haben das Potenzial, eingefrorene Diskussionen auf neue Wege zu bringen, da sie noch nicht in den verkrusteten Mustern politischer Entscheidungsträger denken, sondern ihre Meinung unabhängig und ehrlich kund tun.

Mehr Jugendliche und weniger Lobbyisten täten auch der Endlagerkommission gut. Zwei Schüler mehr und zwei Atomkonzernvertreter weniger in der Kommission – das hätte Potential …

Literaturhinweise

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Ortwin Renn; Thomas Webler

Der kooperative Diskurs. Theoretische Grundlagen, Anforderungen, Möglichkeiten Buchabschnitt

In: Ortwin Renn; Hans Kastenholz; Patrick Schild; Urs Wilhelm (Hrsg.): Abfallpolitik im kooperativen Diskurs. Bürgerbeteiligung bei der Standortsuche für eine Deponie im Kanton Aargau, S. 3-103, vdf, Zürich, 1998.

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Heinz Ulrich Nennen; Detlef Garbe

Das Expertendilemma: zur Rolle wissenschaftlicher Gutachter in der öffentlichen Meinungsbildung Buch

Springer , Berlin, 1996.

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Simon Joss; John Durant

Public Participation in Science. The Role of Consensus Conference in Europe Buch

Science Museum, London, 1995.

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Robert Dahl

A Democratic Dilemma: System Effectiveness versus Citizen Participation Artikel

In: Political Science Quarterly , Bd. 109, Nr. 1, S. 23-34, 1994.

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