Bürgerdialog Endlagerkommission – Erlebnisbericht 1

Foto: Ylva Sommer, Archiv

Der Bürgerdialog der Endlagerkommission am 20. Juni 2015 war neben vielen noch folgenden Formaten eine wichtige Veranstaltung um eine umfassende Bürgerbeteiligung an der Arbeit der Endlagerkommission zu etablieren.

Wir wollen den Blick zurück auf den Bürgerdialog richten und dafür Stimmen von Bürgern zu Wort kommen lassen, die ohne einschlägiges Vorwissen zur Atommüll-Entsorgung am Bürgerdialog teilgenommen haben. Ziel ist es, einen möglichst facettenreichen und objektiven Eindruck des Bürgerdialoges zu bekommen.

Hier ein erster Erlebnisbericht von N.K. (Name liegt der Redaktion vor):

„Am 20. Juni 2015 besuchte ich den Bürgerdialog der Kommission zur Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe in Berlin.

Zu Beginn der Veranstaltung fiel mir zunächst auf, dass das Publikum im Durchschnitt deutlich jünger war als bei vielen anderen politischen Veranstaltungen

Zu Beginn der Veranstaltung fiel mir zunächst auf, dass das Publikum im Durchschnitt deutlich jünger war als bei vielen anderen politischen Veranstaltungen, unter anderem durch die zahlreich aus der Region Gorleben stammenden Schüler.

Dies kann meines Erachtens als deutlicher Beleg für die große Bedeutung der Endlager-Frage für zukünftige Generationen gesehen werden. Außerdem fiel mir auf, dass viele Bürger teilnahmen, die entweder direkt von den Entscheidungen zur Atomkraft berührt werden (z.B. Mitarbeiter von AKWs oder betroffene Anwohner von Zwischenlager/AKW) oder sich bereits seit vielen Jahren in der Atompolitik engagieren, sei es nun über NGOs, Bürgerinitiativen oder Parteien. Bürger, die sich mit dem Thema bisher nur wenig auseinandergesetzt haben oder keinerlei Bezug zum Thema hatten, waren eher die Ausnahme. Viele der dort engagierten Bürger gehörten daher auch verschiedenen umwelt-, atom- oder wirtschaftspolitisch aktiven Organisationen an. So waren unter anderem Vertreter vom BUND, Verdi, dem deutschen Atomforum, und vielem mehr vor Ort.

Nach der kurzen Begrüßung folgte eine längere Einleitung, in der versucht wurde die bisherige Arbeit der Kommission aufzuzeigen und die Ziele des Bürgerdialogs deutlich zu machen. Dieser Teil hätte meiner Meinung nach deutlich kürzer ausfallen können, um stattdessen mehr Zeit in den einzelnen Arbeitsgruppen zur Verfügung zu haben oder eine bessere und nachvollziehbarere Aufbereitung der Gruppenergebnisse beziehungsweise eine ausführlichere Diskussion derselben zu erzielen.

Anschließend teilten sich die Teilnehmer in mehrere Fokusgruppen auf. Alternativ gab es die Möglichkeit, sich an einem World-Café für Diskussionen zur Optimierung der Bürgerbeteiligungsformate der Kommission zu beteiligen.

Ich entschied mich im Vorfeld für die Fokusgruppe „Wie kann sichergestellt werden, dass die Kosten für die Entsorgung etc. auch verursachergerecht getragen werden?“, da ich diese Fragestellung für eine der zentralen und wichtigsten in diesem Kontext halte. Zudem erwartete ich mir hier einige kontroverse Diskussionen und viele interessante Meinungen und Anregungen. Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht – auch wenn die Stimme der Energiewirtschaft in dieser Gruppe, zumindest was die personelle Stärke angeht, sicherlich etwas überrepräsentiert war. Dies schlug sich erfreulicherweise aber kaum in den Ergebnissen wieder, sodass sich die vorgestellten Ergebnisse der Arbeitsgruppe auch aus Sicht der Anti-AKW-Bewegung durchaus sehen lassen konnten.

Die Zeit, die die Fokusgruppen zur Verfügung hatten, war meiner Meinung nach eindeutig zu kurz

Die Zeit, die die Fokusgruppen zur Verfügung hatten, war meiner Meinung nach eindeutig zu kurz. So mussten viele Diskussionen abgekürzt werden und stets schnell nach gemeinsamen Lösungen gesucht werden. Dies hatte jedoch auch den Vorteil, dass endlosen und nicht zielführenden Grundsatzdiskussionen von Anfang an ein enger zeitlicher Rahmen entgegenstand.

In der Diskussion zeigte sich auch das in meinen Augen sehr geschickte Auftreten der Vertreter der Energieunternehmen. Gerade hier hätte ich mir von so manchem Kommissionsmitglied etwas mehr Neutralität und keine so einseitige Stellungnahme zu Gunsten gewisser Positionen gewünscht.

Die Diskussion innerhalb unserer Gruppe habe ich als sehr offen und zielorientiert erlebt. Gelegentlich hätte die Moderation jedoch stärker eingreifen und die Diskussion dadurch besser lenken können.

Nach der Mittagspause wurde die Diskussion jedoch deutlich besser geleitet und auch das zahlenmäßig starke Gewicht der Industrievertreter fiel deutlich weniger ins Gewicht. Dies lag zum einen an der nun deutlich besseren Moderation der Fokusgruppe andererseits aber auch an der zunehmenden Beteiligung der aus anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen kommenden Teilnehmer. Dabei gefiel mir persönlich besonders die starke Beteiligung der größtenteils aus der Region Gorleben stammenden Schüler.

Nach Abschluss der Fokusgruppen wurden die dort erarbeiteten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen noch einmal allen Teilnehmer vorgestellt. Diesen Teil fand ich zwar grundsätzlich durchaus sinnvoll, da so ein kurzer Einblick in die anderen Problemfelder gegeben wurde.

Dabei gefiel mir persönlich besonders die starke Beteiligung der größtenteils aus der Region Gorleben stammenden Schüler.

Leider lief das Ganze teilweise jedoch etwas chaotisch ab. Gerade die Aufbereitung der Ergebnisse schwankte zwischen den einzelnen Gruppen doch stark, weshalb es leider nicht bei allen Gruppen möglich war, die Ergebnisse abschließend zu bewerten und ihren Entstehungsprozess zu verstehen. Außerdem waren zu diesem Zeitpunkt leider schon einige Teilnehmer nach Hause gegangen – ein Umstand der sich aber wohl nie so ganz vermeiden lässt.

Meiner Meinung nach war dieser Teil trotzdem sinnvoll und notwendig, bot er neben einer Zusammenfassung des Tages und der erarbeiteten Ergebnisse doch auch für jeden nochmals die Möglichkeit, sich kritisch zu den Ergebnissen beziehungsweise dem dahinter stehenden Arbeits- und Diskussionsprozess zu äußern. Von dieser Möglichkeit wurde dann auch eifrig Gebrauch gemacht und die jeweiligen Moderatoren hatten es bei einigen Gruppen nicht leicht, die an die Präsentation der Ergebnisse anschließenden Diskussionen in geregelte Bahnen zu lenken.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich die Veranstaltung als sehr sinnvoll und bereichernd erlebt habe.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich die Veranstaltung als sehr sinnvoll und bereichernd erlebt habe. Ich würde in zukünftigen Veranstaltungen die partizipativen Elemente jedoch noch deutlich ausbauen und mehr Zeit für die Arbeit in kleinen (Fokus)Gruppen bereit halten. Außerdem wäre es sinnvoll mehr Bürger aus verschiedenen Bildungsschichten zu erreichen, die sich bisher kaum bis gar nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Dies dürfte sicherlich nicht einfach werden, sollte bei diesem gesamtgesellschaftlich sehr bedeutenden Thema jedoch nie aus den Augen verloren werden. Nur so kann es gelingen, eine möglichst breite Beteiligung zu organisieren und die Meinungen und Anregungen vieler unterschiedlicher Menschen in diesen Prozess einzubringen.“

Literaturhinweise

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Simon Joss; John Durant

Public Participation in Science. The Role of Consensus Conference in Europe Buch

Science Museum, London, 1995.

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Robert Dahl

A Democratic Dilemma: System Effectiveness versus Citizen Participation Artikel

In: Political Science Quarterly , Bd. 109, Nr. 1, S. 23-34, 1994.

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