Beteiligung und Partizipation für alle

Inklusion von Menschen mit Behinderung im politischen Prozess.

Im Gastbeitrag schreibt Mohamed Zakzak über die Bedeutung von politischer Teilhabe von Menschen mit Behinderung für eine inklusive Gesellschaft.

Demokratie, Beteiligung und Partizipation sind eng miteinander verwebt und verbunden. In einer politischen Demokratie haben die Bürgerinnen und Bürger dieser Gesellschaft das Recht und die Chance, aktiv am politischen Prozess teilzunehmen und bei Entscheidungen mitzubestimmen, die ihr Leben und ihre Gemeinschaft betreffen. Politische Teilhabe ist daher ein wesentliches Erkennungszeichen einer funktionierenden Demokratie. Eine umfassende Teilhabe in einer Demokratie ist wichtig, um sicherzustellen, dass politische Entscheidungen legitim und repräsentativ sind. Sie ermöglicht es den Menschen, ihre Interessen zu verteidigen, auf Missstände hinzuweisen, politische Prioritäten zu setzen und die Verantwortlichkeit der Regierung sicherzustellen. Beteiligung und Partizipation erfordert einen inklusiven Ansatz, der sicherstellt, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer sozialen oder wirtschaftlichen Situation, ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihrer körperlichen Fähigkeiten die Möglichkeit haben, an politischen Prozessen mitzumachen. Es ist daher entscheidend, Barrieren abzubauen, die die Beteiligung durchkreuzen könnten, und den Zugang zu Informationen, politischer Bildung und Ressourcen zu garantieren.

Beteiligung und Partizipation sollte nicht nur auf Wahlen beschränkt sein. Es ist wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger auch zwischen den Wahlen beispielsweise durch Bürgerbeteiligung aktiv in politische Entscheidungsprozesse eingebunden sind. Bürgerbeteiligung ist ein Begriff, der sich auf die Teilhabe und Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an politischen Entscheidungsprozessen bezieht. Es ist ein Konzept, das darauf abzielt, die demokratische Legitimität von Entscheidungen zu stärken, indem es den Menschen die Möglichkeit gibt, ihrer Stimme zu Gehör zu verschaffen und Einfluss auf politische Angelegenheiten zu nehmen.

Es gibt verschiedene Formen und Arten der Bürgerbeteiligung, die von informellen Gesprächen und Diskussionen über öffentliche Konsultationen bis hin zu direkter Mitbestimmung reichen können. Einige Beispiele für Bürgerbeteiligung sind Bürgerbegehren, Bürgerforen, Bürgerentscheide, öffentliche Anhörungen und Online-Konsultationen. Indem den Menschen die Möglichkeit gegeben wird, ihre Meinungen und Bedenken einzubringen, können politische Entscheidungen besser informiert und breiter akzeptiert werden. Bürgerbeteiligung kann auch dazu beitragen, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die politischen Institutionen zu stärken und die Durchsichtigkeit und Rechenschaftspflicht der Regierung zu verbessern

Es ist wichtig anzumerken, dass Bürgerbeteiligung zwar viele Vorteile bietet, aber auch Herausforderungen mit sich bringen kann. Außerdem kann es schwierig sein, eine repräsentative Teilnahme aller Bevölkerungsgruppen sicherzustellen, da bestimmte Personen oder Gruppen möglicherweise weniger geneigt oder weniger in der Lage sind, sich zu beteiligen. Es erfordert auch Ressourcen und Zeit, um die verschiedenen Beteiligungsprozesse zu organisieren und die Ergebnisse angemessen zu berücksichtigen.

Politische Teilhabe Menschen Behinderung

Ja, Menschen mit Behinderungen sind ein integraler Bestandteil einer Demokratie. Eine Demokratie basiert auf dem Prinzip der Wesensgleichheit und der Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger an politischen Entscheidungsprozessen. Dies schließt Menschen mit Behinderungen mit ein.

Die Bürgerbeteiligung von Menschen mit Behinderungen ist ein zentraler Aspekt der inklusiven Demokratie. Menschen mit Behinderungen haben das Recht, an politischen Entscheidungsprozessen mitzumachen und teilzunehmen und ihre Meinungen und Bedenken zu äußern. Dies schließt die Beteiligung an der Gestaltung von Gesetzen, Richtlinien, Programmen und anderen politischen Maßnahmen ein, die ihre Lebensbedingungen beeinflussen. Die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen ist von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass ihre Stimmen gehört werden und ihre Bedürfnisse und Anliegen in politischen Entscheidungsprozessen angemessen berücksichtigt werden.

Obwohl Demokratien darauf abzielen, die Rechte und die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger zu schützen, gibt es noch immer Hindernisse und Diskriminierung, die Menschen mit Behinderungen daran hindern können, gleichberechtigt am politischen Prozess teilzunehmen:

  • Barrierefreiheit: Viele politische Räume, Wahllokale, Informationsmaterialien und öffentliche Debatten sind möglicherweise nicht barrierefrei. Menschen mit Behinderungen können Schwierigkeiten haben, physische Barrieren zu überwinden oder Informationen in für sie zugänglichen Formaten zu erhalten.
  • Kommunikationsbarrieren: Menschen mit Hör- oder Sehbehinderungen können Schwierigkeiten haben, Informationen zu erhalten und mit anderen zu kommunizieren. Politische Diskussionen und Debatten können für sie möglicherweise nicht zugänglich sein, wenn keine geeigneten Kommunikationshilfen bereitgestellt werden.
  • Stereotype und Vorurteile: Menschen mit Behinderungen können aufgrund von Vorurteilen und Stereotypen als politisch weniger kompetent angesehen werden. Dies kann zu ihrer Unterrepräsentation in politischen Ämtern und Positionen führen und ihre Stimmen und Anliegen marginalisieren.
  • Mangelnde politische Bildung: Menschen mit Behinderungen haben möglicherweise keinen ausreichenden Zugang zur politischen Bildung, um ihre Rechte und Möglichkeiten im politischen Prozess zu verstehen. Dies kann sie daran hindern, informierte Entscheidungen zu treffen und effektiv an politischen Diskussionen teilzunehmen.
  • Fehlende politische Vertretung: Menschen mit Behinderungen sind möglicherweise unterrepräsentiert in politischen Gremien und Institutionen. Es kann eine geringe Anzahl von politischen Vertreterinnen und Vertretern geben, die die spezifischen Bedürfnisse und Anliegen von Menschen mit Behinderungen angemessen vertreten.

Die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an politischen Prozessen ist von großer Bedeutung – daher müssten deutsche Barrieren exklusiv abgebaut werden. Die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an politischen Prozessen ist daher nicht nur ein grundlegendes Recht, sondern auch ein Schlüsselelement für eine inklusive und gerechte Gesellschaft.

Um die Bürgerbeteiligung von Menschen mit Behinderungen zu fördern, ist es wichtig, geeignete Maßnahmen zu entwickeln und zu ergreifen, um Barrieren abzubauen und ihre Teilnahme zu erleichtern. Dies kann die Bereitstellung barrierefreier Zugänge zu öffentlichen Einrichtungen, Informationen und Kommunikationskanälen, Stärkung der Selbstvertretung, Politische Bildung und Förderung von politischen Karrieren umfassen. Es kann auch Schulungen und Sensibilisierung für Entscheidungsträger und die breitere Öffentlichkeit beinhalten, um ein Bewusstsein für die Bedürfnisse und Perspektiven von Menschen mit Behinderungen zu schaffen.

Die Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in politische Entscheidungsprozesse stärkt die Demokratie, fördert die Gleichstellung und trägt zur Schaffung einer inklusiven Gesellschaft bei. Es ist wichtig, sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen als gleichwertige Bürgerinnen und Bürger anerkannt werden und dass ihre Stimmen gehört und beachtet werden, um politische Maßnahmen zu gestalten, die ihre spezifischen Bedürfnisse und Rechte berücksichtigen.

Rechtliche Voraussetzung

  • Verfassungsrechtliche Verbriefung: Art. 3 Grundgesetz behandelt das Gleichheitsprinzip und das Diskriminierungsverbot. Es stellt sicher, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und niemand aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden – das gilt selbstverständlich auch für Menschen mit Behinderung. Artikel 3 des Grundgesetzes stellt sicher, dass Menschen mit Behinderungen das Recht haben, gleichberechtigt an politischen Prozessen teilzunehmen. Politische Institutionen und Prozesse müssen entsprechend gestaltet sein, um die volle politische Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten.
  • UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK): Die UN-BRK ist ein internationales Menschenrechtsabkommen, das die Rechte von Menschen mit Behinderungen schützt und ihre gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen des Lebens fördert, einschließlich der politischen Teilhabe. Die UN-BRK basiert auf dem Grundsatz der Inklusion und beinhaltet eine Vielzahl von Rechten und Bestimmungen, die die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen verbessern sollen. Die UN-Behindertenrechtskonvention legt einen internationalen Rahmen fest, um die politische Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu fördern und ihre Rechte zu schützen. Die Umsetzung der Konvention erfordert Maßnahmen auf nationaler Ebene, um politische Prozesse, Institutionen und Entscheidungsstrukturen inklusiv und barrierefrei zu gestalten.
  • Bundesgleichstellungsgesetz (BGG): Das BGG in Deutschland hat das Ziel, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in verschiedenen Lebensbereichen zu fördern, einschließlich der politischen Teilhabe und setzt dabei die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention um. Das Bundesgleichstellungsgesetz stellt somit einen rechtlichen Rahmen dar, um die politische Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu stärken und ihnen die gleichen Chancen und Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme am politischen Prozess zu ermöglichen. Das BGG sieht dabei verschiedene Maßnahmen in den Bereichen Barrierefreiheit, Wahlsystem, Öffentliche Ämter und Parteien und Politische Gremien vor. Es ist wichtig, dass politische Parteien, Organisationen und öffentliche Einrichtungen die Vorgaben des BGG umsetzen, um eine inklusive politische Teilhabe für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten.

Resümee

Die aktive Teilnahme von Menschen mit Behinderungen in politischen Prozessen und die angemessene Berücksichtigung ihrer Perspektiven und Bedürfnisse sind wesentliche Elemente einer inklusiven Demokratie und tragen zur Schaffung einer Gesellschaft bei, in der die Rechte und Interessen aller Bürgerinnen und Bürger geachtet werden. Um die politische Teilhabe weiter zu fördern, ist es wesentlich, dass die politischen Institutionen und Parteien die Barrierefreiheit von Wahlverfahren und politischen Räumen sicherstellen. Dazu gehören barrierefreie Informationen, Zugang zu Wahllokalen und barrierefreie Kommunikationsmittel. Es ist wichtig anzuerkennen, dass die Motivation zur politischen Teilhabe individuell ist und von den Interessen, Erfahrungen und Fähigkeiten jeder Person abhängt. Durch die Schaffung einer inklusiven und unterstützenden Umgebung sowie die Bereitstellung von Informationen und Ressourcen können Menschen mit Behinderungen ermutigt werden, ihre politische Teilhabe auszuüben und ihre Stimme in politischen Entscheidungsprozessen zu erheben.

 

Zum Autor:

MOHAMED ZAKZAK Diplom-Sozialarbeiter, Studium der sozialen Arbeit stammt ursprünglich aus dem Libanon und kam 1989 als unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland. Mohamed Zakzak ist der Inklusionsbeauftrage der Stadt Pforzheim. Er ist zertifizierter Anti-AggressivitätsTrainer, Traumapädagoge und systemischer Berater. Zudem ist er zertifizierte Fachkraft für Kinderschutz. Mohamed Zakzak verfügt über vielfältige Berufserfahrung Im Inklusion Bereich sowie in der Jugendhilfe, er arbeitet intensiv mit den Themen „Clankriminalität“ und „Gewaltbereite arabischstämmige Jugendliche“ sowie delinquenten Jugendlichen.

Außerdem ist er einer der Autoren des Buches „Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum: Grundlagen- Planung- Bauausführung“

Literaturhinweise

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