Aarhus-Konvention: Grundpfeiler der Partizipation

Foto: Peregrine 981 via Wikimedia Commons Lizenz: CC BY SA 3.0

Die Aarhus-Konvention ist ein 2001 in Kraft getretenes internationales  Abkommen und wurde mittlerweile von 47 Staaten ratifiziert, darunter auch Deutschland. Es handelt sich dabei um den ersten völkerrechtlichen Vertrag, der jeder Person Rechte im Umweltschutz gewährt. Damit justiert es das Verhältnis von Umweltschutz und Demokratie mithilfe aktiver Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.

Warum ist die Aarhus-Konvention so bedeutend?

Die Aarhus-Konvention fordert eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung. Ferner hat sie das Ziel, Transparenz und Informationszugang zu fördern. Dadurch soll die Qualität von Entscheidungsverfahren gesteigert, mehr Akzeptanz für Entscheidungen geschaffen und der Interessenausgleich gefördert werden. Die Rechte, die dem Bürger durch die Konvention zugestanden werden, lassen sich in drei Kernbereiche gliedern:

Zunächst einmal geht es darum, der Öffentlichkeit Informationen über die Umwelt zugänglich zu machen. Unter Umweltinformationen fallen Informationen über Faktoren, die deren Zustand beeinflussen, Maßnahmen die sich auf die Umwelt beziehen und nicht zuletzt auch das Schutzgut „menschliche Gesundheit“ sowie die „Bedingungen unseres Lebens“. Diese Rechte sind in Deutschland durch das Umweltinformationsgesetz und die Vorschriften der Bundesländer implementiert.

Der zweite wesentliche Bereich betrifft die Beteiligung der Öffentlichkeit bei bestimmten umweltbezogenen Entscheidungen. Bei Verfahren zum Bau von Infrastrukturprojekten, Industrieanlagen und anderen raumbedeutsamen Vorhaben ist die Öffentlichkeit in den Planungsprozess einzubinden. Die Konvention legt weiterhin fest, auf welche Art die Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist.  Es besteht die Möglichkeit, Stellungnahmen und Meinigen zu einer geplanten Tätigkeit schriftlich vorzulegen oder dies bei einer öffentlichen Anhörung gegenüber dem Antragsteller vorzutragen. Ferner regelt die Konvention Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Vorbereitung umweltrelevanter Pläne, Programme, Politiken und Rechtsnormen.

Schließlich garantiert die Konvention im dritten Abschnitt den Zugang zu Gerichten. Um die Rechte auf Information und Beteiligung durchzusetzen, kann es schließlich erforderlich sein, zu klagen. Beispielsweise, wenn durch ein Infrastrukturprojekt verursachte Umweltschäden die Lebensbedingungen
zukünftiger Generationen bedroht werden.  Die Möglichkeit die Einhaltung von Umweltvorschriften gerichtlich zu überprüfen, leistet einen wichtigen Beitrag zu deren Durchsetzung.

Die Realität in Deutschland …

Leider bestehen bei der Umsetzung der Konvention in Deutschland noch erhebliche Defizite. Deutschland hat  den Anlass zur Umsetzung der Aarhus-Konvention dazu genutzt, Beteiligungsstandards abzubauen, obwohl das Gegenteil gefordert war. Eine der zentralen Maximen, die Frühzeitigkeit der Beteiligung, wurde von der Bundesregierung überhaupt nicht aufgegriffen.

Ferner existiert heute das Bundesinformationsgesetz neben 15 verschiedenen Landesinformationsgesetzen – insgesamt regeln 27 Gesetze den Zugang zu Informationen und Verwaltungsangelegenheiten. Dabei bestehen oftmals inhaltliche Überschneidungen,  die Verwirrung stiften. Einige Bundesländer setzten die Vorgaben zu spät und teilweise unvereinbar mit EU-Recht um.Bei den Beteiligungsverfahren ist eine „Ad Hoc“ Anerkennung von Bürgerinitiativen in anderen EU-Ländern Standard, in der Deutschen Gesetzgebung findet sich dazu keine Regelung. Zwar erhielten Umweltverbänden dieselben Klagerechte wie betroffene Einzelpersonen, jedoch beinhaltet die deutsche Anerkennungspraxis (um klagen zu können, muss ein Umweltverband anerkannt sein), dass weder Bürgerinitiativen, noch operativ arbeitende Umweltstiftungen – wie die Deutsche Umweltstiftung – ein Klagerecht haben. Die Kritik ist ausführlich in diesem Papier des Deutschen Naturschutzrings nachzulesen.

Literaturhinweise

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Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) (Hrsg.)

Dokumentation - Auswahl von Bürgervertreter/innen für das NBG zum Standortauswahlverfahren für ein Endlager für insbesondere hoch radioaktive Abfälle Forschungsbericht

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Elisabeth Leicht-Eckardt; Marcia Bielkine; Daniel Janko; Daniel Jeschke; Kathrin Kiehl; Dirk Manzke

Urbane Interventionen - Impulse für lebenswerte Stadträume in Osnabrück Buchabschnitt

In: Jörg Sommer (Hrsg.): Kursbuch Bürgerbeteiligung #2, Verlag der Deutschen Umweltstiftung | bipar, Berlin, 2017, ISBN: 978-3942466-15-8.

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Ute Bertrand

Wie Unternehmen Protest managen und Beteiligung simulieren Buchabschnitt

In: Jörg Sommer (Hrsg.): Kursbuch Bürgerbeteiligung #2, Verlag der Deutschen Umweltstiftung | bipar, Berlin, 2017, ISBN: 978-3942466-15-8.

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Wolfgang Schluchter

Partizipative Demokratie und das TRIPLEX-Konzept Buchabschnitt

In: Jörg Sommer (Hrsg.): Kursbuch Bürgerbeteiligung #1, Verlag der Deutschen Umweltstiftung , Berlin, 2015, ISBN: 978-3942466141.

Abstract | Links | BibTeX

Matthias von Herrmann

„Stuttgart 21" - Bürger mischen sich ein Buchabschnitt

In: Jörg Sommer (Hrsg.): Kursbuch Bürgerbeteiligung #1, Verlag der Deutschen Umweltstiftung , Berlin, 2015, ISBN: 978-3942466141.

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Tanja Peickert; Ursula Kirschner

„Strukturen aufbrechen“ - Eine Prozessbegleitung in Hamburg Altona Buchabschnitt

In: Jörg Sommer (Hrsg.): Kursbuch Bürgerbeteiligung #1, Verlag der Deutschen Umweltstiftung, Berlin, 2015, ISBN: 978-3942466141.

Abstract | Links | BibTeX

Bettina Bock

Barrierefreie Kommunikation als Voraussetzung und Mittel für die Partizipation benachteiligter Gruppen - Ein (polito-)linguistischer Blick auf Probleme und Potenziale von 'Leichter' und 'einfacher Sprache'. Artikel

In: Linguistik Online: Sprache und Demokratie, Bd. 73, Nr. 4, 2015.

Abstract | Links | BibTeX

Ulrike Donat

Gorleben ist überall oder Goldene Regeln zum Umgang mit Bürgerbeteiligung Buchabschnitt

In: Jörg Sommer (Hrsg.): Kursbuch Bürgerbeteiligung #1, Verlag der Deutschen Umweltstiftung , Berlin, 2015, ISBN: 978-3942466141.

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