Aarhus-Konvention: Grundpfeiler der Partizipation

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Die Aarhus-Konvention ist ein 2001 in Kraft getretenes internationales  Abkommen und wurde mittlerweile von 47 Staaten ratifiziert, darunter auch Deutschland. Es handelt sich dabei um den ersten völkerrechtlichen Vertrag, der jeder Person Rechte im Umweltschutz gewährt. Damit justiert es das Verhältnis von Umweltschutz und Demokratie mithilfe aktiver Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.

Warum ist die Aarhus-Konvention so bedeutend?

Die Aarhus-Konvention fordert eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung. Ferner hat sie das Ziel, Transparenz und Informationszugang zu fördern. Dadurch soll die Qualität von Entscheidungsverfahren gesteigert, mehr Akzeptanz für Entscheidungen geschaffen und der Interessenausgleich gefördert werden. Die Rechte, die dem Bürger durch die Konvention zugestanden werden, lassen sich in drei Kernbereiche gliedern:

Zunächst einmal geht es darum, der Öffentlichkeit Informationen über die Umwelt zugänglich zu machen. Unter Umweltinformationen fallen Informationen über Faktoren, die deren Zustand beeinflussen, Maßnahmen die sich auf die Umwelt beziehen und nicht zuletzt auch das Schutzgut „menschliche Gesundheit“ sowie die „Bedingungen unseres Lebens“. Diese Rechte sind in Deutschland durch das Umweltinformationsgesetz und die Vorschriften der Bundesländer implementiert.

Der zweite wesentliche Bereich betrifft die Beteiligung der Öffentlichkeit bei bestimmten umweltbezogenen Entscheidungen. Bei Verfahren zum Bau von Infrastrukturprojekten, Industrieanlagen und anderen raumbedeutsamen Vorhaben ist die Öffentlichkeit in den Planungsprozess einzubinden. Die Konvention legt weiterhin fest, auf welche Art die Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist.  Es besteht die Möglichkeit, Stellungnahmen und Meinigen zu einer geplanten Tätigkeit schriftlich vorzulegen oder dies bei einer öffentlichen Anhörung gegenüber dem Antragsteller vorzutragen. Ferner regelt die Konvention Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Vorbereitung umweltrelevanter Pläne, Programme, Politiken und Rechtsnormen.

Schließlich garantiert die Konvention im dritten Abschnitt den Zugang zu Gerichten. Um die Rechte auf Information und Beteiligung durchzusetzen, kann es schließlich erforderlich sein, zu klagen. Beispielsweise, wenn durch ein Infrastrukturprojekt verursachte Umweltschäden die Lebensbedingungen
zukünftiger Generationen bedroht werden.  Die Möglichkeit die Einhaltung von Umweltvorschriften gerichtlich zu überprüfen, leistet einen wichtigen Beitrag zu deren Durchsetzung.

Die Realität in Deutschland …

Leider bestehen bei der Umsetzung der Konvention in Deutschland noch erhebliche Defizite. Deutschland hat  den Anlass zur Umsetzung der Aarhus-Konvention dazu genutzt, Beteiligungsstandards abzubauen, obwohl das Gegenteil gefordert war. Eine der zentralen Maximen, die Frühzeitigkeit der Beteiligung, wurde von der Bundesregierung überhaupt nicht aufgegriffen.

Ferner existiert heute das Bundesinformationsgesetz neben 15 verschiedenen Landesinformationsgesetzen – insgesamt regeln 27 Gesetze den Zugang zu Informationen und Verwaltungsangelegenheiten. Dabei bestehen oftmals inhaltliche Überschneidungen,  die Verwirrung stiften. Einige Bundesländer setzten die Vorgaben zu spät und teilweise unvereinbar mit EU-Recht um.Bei den Beteiligungsverfahren ist eine „Ad Hoc“ Anerkennung von Bürgerinitiativen in anderen EU-Ländern Standard, in der Deutschen Gesetzgebung findet sich dazu keine Regelung. Zwar erhielten Umweltverbänden dieselben Klagerechte wie betroffene Einzelpersonen, jedoch beinhaltet die deutsche Anerkennungspraxis (um klagen zu können, muss ein Umweltverband anerkannt sein), dass weder Bürgerinitiativen, noch operativ arbeitende Umweltstiftungen – wie die Deutsche Umweltstiftung – ein Klagerecht haben. Die Kritik ist ausführlich in diesem Papier des Deutschen Naturschutzrings nachzulesen.

Literaturhinweise

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Stefanie Lütters

Soziale Netzwerke und politische Partizipation. Eine empirische Untersuchung mit sozialräumlicher Perspektive Buch

2022, ISBN: 978-3-658-36753-4.

Abstract | Links | BibTeX

Jan Kaßner, Norbert Kersting

Neue Beteiligung und alte Ungleichheit? Politische Partizipation marginalisierter Menschen Forschungsbericht

vhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V. Berlin, 2021, ISBN: 978-3-87941-811-4.

Abstract | Links | BibTeX

OECD (Hrsg.)

Innovative Citizen Participation and New Democratic Institutions - Catching the Deliberative Wave Buch

2020.

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Daria Ankudinova, Dr. Delal Atmaca, Katharina Sawatzki, Nadiye Ünsal, Alexandra Vogel, Tijana Vukmirovic

Politische Teilhabe von Migrantinnen*selbstorganisationen mit Fokus auf ihre Lobby- und Gremienarbeit Forschungsbericht

DaMigra e.V. – Dachverband der Migrantinnenorganisationen 2020, ISBN: 978-3-9819672-2-7.

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Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)

Schwindendes Vertrauen in Politik und Parteien Forschungsbericht

2019.

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Jörg Sommer (Hrsg.)

KURSBUCH BÜRGERBETEILIGUNG #3 Buch

Republik Verlag, Berlin, 2019, ISBN: 978-3942466-37-0.

BibTeX

Stiftung Mitarbeit (Hrsg.)

Engagiert für Integration - Demokratische Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft Buch

2019, ISBN: 978-3-941143-38-8.

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Allianz Vielfältige Demokratie/Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)

Mitreden, Mitgestalten, Mitentscheiden: Fünf Impulse zur Erneuerung demokratischer Beteiligung Online

2017.

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Danuta Kneipp; Anja Schlicht

Öffentlichkeitsbeteiligung und Krisenkommunikation bei Infrastrukturprojekten Buchabschnitt

In: Jörg Sommer (Hrsg.): Kursbuch Bürgerbeteiligung #2, Verlag der Deutschen Umweltstiftung | bipar, Berlin, 2017, ISBN: 978-3942466-15-8.

Abstract | Links | BibTeX

Hans J. Lietzmann; Saskia Dankwart-Kammoun; Anna Nora Freier

Das partizipative Reallabor - Gestalten Bürger ihre Energiewende? Buchabschnitt

In: Jörg Sommer (Hrsg.): Kursbuch Bürgerbeteiligung #2, Verlag der Deutschen Umweltstiftung | bipar, Berlin, 2017, ISBN: 978-3942466-15-8.

Abstract | Links | BibTeX

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