Jugendlandtage im Fokus

Planspiel oder echte Partizipation?

Wie ist Jugendpartizipation auf Landesebene realisierbar? Viele Bundesländer haben zu diesem Zweck Jugendparlamente eingerichtet, die meist einmal jährlich zusammentreten und sich mit landespolitischen Themen beschäftigen.

Foto: Marco Fieber via flickr.com, Lizenz CC BY-NC-ND 2.0

Die Anfang des Jahres veröffentlichte Studie des Kinderhilfswerkes erforscht diese Jugendlandtage. Sie versucht so unter anderem die Frage zu beantworten, wie groß die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Politik der Bundesländer in diesem Rahmen wirklich ist oder ob die Jugendparlamente lediglich ein Planspiel ohne politische Folgen sind.

Dazu werden die Jugendparlamente, die jeweils unter verschiedenen Namen organisiert werden, in den Bundesländern Baden-Württemberg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein aus dem Jahr 2015 untersucht und verglichen. Dabei zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Konzepten. So werden beispielsweise in Baden-Württemberg regionale Konferenzen im Vorlauf des Jugendparlaments abgehalten und die regionalen Interessen anschließend durch ein Delegiertensystem auf Landesebene artikuliert. Nach der Veranstaltung erfolgt jedoch keine verbindliche Weitergabe an die Landtagsausschüsse. Hingegen gibt es in Schleswig-Holstein kein Delegiertensystem, jedoch eine verpflichtende Stellungnahme der Landtagsfraktionen zu den beschlossenen Anträgen des Jugendparlaments sowie eine Folgeveranstaltung, in der die Jugendlichen die Abgeordneten zu den Stellungnahmen befragen können.

Es gibt noch Verbesserungsbedarf

Anhand dieses Beispiels lässt sich bereits die Vielfalt der Beteiligungsoptionen ausmachen, die die verschiedenen Bundesländer für Jugendliche zur Verfügung stellen. Die Studie honoriert hier ausdrücklich jene Möglichkeiten, bei denen die Jugendlichen etwa durch engen Austausch mit Abgeordneten oder durch die verbindliche Anhörung der Ergebnisse im Landesparlament ernst genommen werden und ihre Anliegen tatsächlichen Einfluss auf die Landespolitik nehmen können. Sie kritisiert zudem die Tendenz einiger Jugendparlamente, sich nur an Jugendliche zu richten, die bereits mit dem politischen und parlamentarischen System vertraut und möglicherweise sogar Mitglied in einer parteipolitischen Jugendorganisation sind. Dies fördere die Herausbildung von politischen Eliten und damit eine Ungleichheit durch fehlende Artikulation der Interessen weniger politisch engagierter Jugendlichen.

Schließlich werden Empfehlungen für zukünftige Jugendparlamente abgeleitet, wobei die Studie keine der analysierten Beispiele als eindeutiges Erfolgsmodell deutet. So wird beispielsweise empfohlen, die politischen Folgen des Jugendparlaments hervorzuheben und zu stärken, um auf eine Partizipationsmöglichkeit für alle Jugendlichen hinzuarbeiten. Damit soll verhindert werden, dass ein reines Planspiel zur Modellierung eines parlamentarischen Prozesses entsteht.

Dies zeigt: Bis zu einer effektiven und wirksamen Form der Jugendbeteiligung auf Landesebene liegt noch ein weiter Weg vor uns. Das Modell der Jugendparlamente in optimierter Form kann diese Herausforderung jedoch durchaus annehmen.

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