Konfliktmanagement

OEP 2 Glasl Konfliktmanagement Umschlag 11A.indd„Konflikte beeinträchtigen unsere Wahrnehmungsfähigkeit und unser Denk- und Vorstellungsleben. Es ist so, als würde sich unser Auge immer mehr trüben; unsere Sicht auf uns und die gegnerischen Menschen im Konflikt, auf die Probleme und Geschehnisse wird geschmälert, verzerrt und völlig einseitig. Unser Denk- und Vorstellungsleben folgt zwängen, deren wir uns nicht hinreichend bewusst sind“ (S. 39).
Dies ist nur ein Effekt von Konflikten auf unsere Psyche, auf den der österreichische Konfliktforscher Friedrich Glasl in seinem Buch Konfliktmanagement: Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater eingeht. 1980 ist es erstmalig erschienen und befindet sich nun bereits in der 11., aktualisierten Auflage. Glasl verfügt aufgrund seiner langjährigen praktischen und theoretischen Tätigkeiten in diesem Bereich über einen reichen Erfahrungsschatz, der in seiner 532-seitigen Publikation Niederschlag gefunden hat. Mittlerweile ist es das Standardwerk im Bereich Konfliktmanagement.

Konfliktdiagnose – Eskalationsdynamik – Konfliktbehandlung

Glasl verschafft dem Leser zunächst einen Überblick über gängige Definitionen des zwischenmenschlichen Konfliktbegriffs, wobei er auf Schwächen und Stärken einzelner Formulierungen eingeht, bis er schließlich aus diesen zu seiner eigenen Definition gelangt:

„Sozialer Konflikt ist eine Interaktion zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw.), wobei wenigstens ein Aktor eine Differenz bzw. Unvereinbarkeiten im Wahrnehmen und im Denken bzw. Vorstellen und im Fühlen und im Wollen mit dem anderen Aktor … in der Art erlebt, dass beim Verwirklichen dessen, was der Aktor denkt, fühlt oder will eine Beeinträchtigung durch einen anderen Aktor … erfolge“ (S. 17).

Diese sehr komplexe Begriffsdefinition wird von Glasl anschaulich erläutert, sodass ihr auch Leser ohne jegliche Vorkenntnisse folgen können. Generell weist das Buch ein hohes Maß an inhaltlicher Verständlichkeit auf.

Teil 1

An die Darstellung der wichtigsten Begrifflichkeiten schließt sich das erste Hauptkapitel der Konfliktdiagnose an. Grundlage für eine zutreffende Konfliktberurteilung der intervenierenden Partei ist das Wissen um die Wirkung von Konflikten auf die menschliche Psyche, da diese direkt unser Handeln beeinflusst. Auf Basis dieses Wissens kann anschließend eine erste Einordnung nach bestimmten Konflikttypen vorgenommen werden. Je nach Diagnose braucht es später andere Mittel zur Konfliktbehandlung. Zudem müssen bestimmte inhaltliche Fragen für eine stimmige Konfliktbeurteilung beantwortet werden:

  1. Worum streiten die Konfliktparteien, was genau ist der Gegenstand?
  2. Wie entstand der Konflikt und wie hat er sich entwickelt?
  3. Wer ist am Konflikt beteiligt?
  4. Wie ist die formelle und informelle Beziehung der Konfliktparteien zueinander (Beispiel: Konflikt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer) und wie beeinflusst dieses Verhältnis den Konflikt?
  5. Wie sind die Parteien grundsätzlich dem Konflikt gegenüber eingestellt?

Es folgt eine Typologisierung der Konfliktparteien, da sich eine genaue Untersuchung hinsichtlich der jeweiligen Streitführer wiederum auf die Konflikthandhabung auswirkt.

Teil 2

Im zweiten Hauptteil analysiert Glasl en détail den Prozess, der zu einer Eskalation der Auseinandersetzung führen kann. Hier stellt er sein bekanntes Eskalationsmodell vor, das in neun Stufen eingeteilt ist, von denen immer drei zu einer bestimmten Oberkategorie gehören.

Kategorie 1: Die win-winSituation
 Zu ihr zählen die Stufen 1) Verhärtung, 2) Debatte, Polemik und 3) Taten statt Worte. Hier kann durch ein Einschreiten eines Mediators der Konflikt meistens schnell und einfach gelöst werden.
Kategorie 2: Die win-lose-Situation
Sie hat die Stufen 4) Images und Koalitionen, 5) Gesichtsverlust und 6) Drohstrategien und Erpressung. Eine Konfliktlösung ist hier schon viel schwieriger, da es weniger um den eigentlichen Konfliktgegenstand geht, sondern um das Gewinnen des Konflikts, auch mithilfe von Drohungen.
Kategorie 3: Die lose-lose-Situation
Hier geht es letztendlich nur noch darum, dem anderen empfindlich zu schaden, selbst wenn es erhebliche eigene Kosten bedeutet. Sie beinhaltet die Stufen 7) Begrenzte Vernichtungsschläge, 8) Zersplitterung, totale Zerstörung und 9) Gemeinsam in den Abgrund. Eine Konfliktbehandlung ist hier äußerst langwierig und schwer.

Teil 3

Im letzten Hauptteil geht es um das eigentliche Management des Konflikts. Glasl stellt hier eine Vielzahl an Interventionsarten vor, die sich je nach Konflikttyp für bestimmte Eskalationsstufen besonders anbieten. Zudem thematisiert er allgemein geltende Prinzipien für Interventionen. Hilfreich für diejenigen, die sich in einem Konflikt befinden und eine dritte Instanz zur Behandlung miteinbeziehen möchten, sind die Unterkapitel 14-16, da hier die verschiedenen Möglichkeiten vorgestellt und miteinander verglichen werden (beispielsweise Moderation, Prozessbegleitung, Machteingriff…).

Fazit

Für alle, die sich mit Theorie, Praxis und Methodik von Konflikten eingehend auseinandersetzen wollen, ist Glasls Werk eine unerlässliche Lektüre. Es muss nicht zwangsläufig vollständig gelesen werden, da auch die einzelnen Kapitel in sich verständlich geschrieben sind. Trotz des hohen theoretischen Informationsgehalts ist es spannend zu lesen und wird durch zahlreiche Abbildungen aufgelockert. Wer über ausreichend Interesse am Thema und Zeit verfügt, sollte einen näheren Blick in Konfliktmanagement werfen – vielleicht können Sie so Ihren nächsten, drohenden Konflikt gekonnt selbst lösen.

Buchinformation

Autor: Friedrich Glasl
Titel: Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater
Verlag: Haupt, Freies Geistesleben
Erscheinungsjahr: 1. Aufl. 1980; 11., aktualisierte Auflage 2013
ISBN der 11., aktualisierten Auflage von Freies Geistesleben: 978-3-7725-2811-9

Literaturhinweise

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John S. Dryzek

Deliberative Democracy and Beyond: Liberals, Critics, Contestations Buch

Oxford University Press, 2002, ISBN: 9780199250431.

Abstract | Links | BibTeX

Jürgen Blandow; Ulrich Gintzel; Peter Hansbauer

Partizipation als Qualitätsmerkmal in der Heimerziehung: eine Diskussionsgrundlage Buch

Votum, Münster, 1999, ISBN: 9783933158147.

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Peter Dienel

New Options for Participatory Democracy Buchabschnitt

In: Chiranji Yadav (Hrsg.): Perspectives in Urban Geography, City Planning: Administration and Participation, Concept Publishing Company, New Delhi, 1986.

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Friedrich Glasl

Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater Buch

Freies Geistesleben, Stuttgart, 1980, ISBN: 978-3-7725-2811-9.

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Talcott Parsons

Zur Theorie sozialer Systeme Buchabschnitt

In: Stefan Jensen (Hrsg.): Studienbücher zur Sozialwissenschaft, Bd. 14, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 1976, ISBN: 978-3-322-83798-1.

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