Planspiel

Foto: JIK Hamburger Rathaus via Flickr.com, Lizenz: CC BY-ND 2.0

Sowohl politische Prozesse im Allgemeinen als auch konkrete Fragen politischer Gestaltung im Einzelnen sind komplex und wirken oft abschreckend. Entpolitisierung und Politikverdrossenheit mögen zum Teil darin begründet sein, dass Menschen das Gefühl haben, dass sich das politische System verselbstständigt hat und von einem elitären Zirkel geprägt wird, wie es Colin Crouch und andere Anhänger der Postdemokratie-These annehmen. Aber oftmals sind es auch lediglich Verständnisschwierigkeiten und Unwissen, die die Beteiligungsbereitschaft und das Interesse an politischen Prozessen lähmen.

Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma stellen Planspiele dar, die zur Familie der Simulationsmethoden gehören. Sie versuchen handlungsorientiert, komplexe Frage- und Problemstellungen begreifbar zu machen und setzen dabei vor allem auf den Effekt des selbstbestimmten Lernens, wobei sowohl die fachliche, methodische und soziale Kompetenz vermittelt wird, als auch die Fähigkeiten zum vernetzten und ganzheitlichen Denken und Handeln geschult werden (Rappenglück 2010). Indem sie einen Ausschnitt der Realität vereinfacht abbilden, erlauben sie den Teilnehmenden realitätsnah, spannend und handlungsorientiert Einblick in politische Prozesse, ihre Akteure und Institutionen, politische Rollenverständnisse und Abläufe. Sie befähigen so zur Bearbeitung politischer Themen, leisten einen wertvollen didaktischen Beitrag und tragen zur partizipativen Befähigung nicht nur von Jugendlichen bei.

Ein Beispiel dieser vor allem für Großgruppen geeigneten Methode zeigt das folgende Video des Landesschülerrats Sachsen:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Verfahrenskonzept

Ja

Funktion

Information; Konsultation

Gruppengröße

Großgruppen (> 30 Personen) und sehr große Gruppe (> 50 Personen)

Teilnehmer (Min)

30

Teilnehmer (Max)

100

Zielgruppe

Lehrer, Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, Allgemeinheit

Vorbereitung

Es braucht zunächst eine inhaltliche Festlegung hinsichtlich des Themas, das mittels des Planspiels bearbeitet werden soll und eine Recherche bezüglich verfügbarer Arbeitsmaterialien für das entsprechende Szenario. Denkbar ist auch die Konzeption und Erstellung eines eigenen Planspiels, wobei der beachtliche Aufwand zu bedenken ist. Außerdem müssen ausreichende fachliche und pädagogische Kompetenzen bei einer erfolgreichen eigenständigen Umsetzung verfügbar sein. Falls diese nicht vorhanden sind, empfiehlt sich die Konsultation eines professionellen Anbieters, der auf die Gestaltung von Planspielen spezialisiert ist.

Ablauf

Der konkrete Ablauf hängt vom jeweiligen Spiel ab und wird bei vorgefertigten Varianten in der Anleitung umfassend erläutert. Daher wird nachfolgend lediglich das Grundmuster, dem viele offline-basierte Spiele folgen, dargestellt. Es wurde von der Bundeszentrale für politische Bildung unter Common Licence veröffentlicht und gliedert sich folgendermaßen:

Die Durchführung eines Planspiels erstreckt sich in der Regel auf vier Phasen:

  1. Vorbereitung
  2. Einführung und Rollenvergabe
  3. Simulation – und Verhandlungsphase (die eigentliche Spielphase)
  4. Auswertung (Nachbereitung)

Die eigentliche Simulationsphase besteht idealtypisch aus folgenden Schritten:

  1. Zu Beginn steht in der Ausgangslage die Konfrontation mit einer Problemsituation, an der mehrere Personen in verschiedenen Rollen beteiligt sind.
  2. Recherche und Analyse von Informationen, die für die Lösung der Problemsituation relevant sind;
  3. Suche nach unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten;
  4. Entwicklung von Problemlösungsstrategien aus der jeweiligen rollenspezifischen Interessensposition, möglicherweise unter Antizipation der gegenläufigen Interessen anderer Rollenträger;
  5. Spielphase: Versuch, die vorgegebene Problemsituation trotz unterschiedlicher Interessen zu lösen, indem nach Kompromissen gesucht wird, die für alle Beteiligten akzeptabel sind und/oder in dem die mit den Rollen gegebenen Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse ausgespielt werden;
  6. Auswertung der Spielphase, u. a. hinsichtlich der Spielergebnisse sowie der im Spielverlauf vorgetragenen Elemente und angewandten Spielstrategien;
  7. Eventuell zweite Spielphase mit Erprobung alternativer Spielstrategien und/oder Fortsetzung der ersten Spielphase;
  8. Evaluation des Spieles mit der Realität.
Material

Auch hier gilt, dass das Arbeitsmaterial je nach Planspiel schwankt. Bei einem Planspiel zur Europäischen Union braucht es eine andere Dekoration der Räumlichkeiten, um das Spielgefühl zu stärken, als bei einem Spiel zur kommunalen Infrastrukturplanung. Daher sind nachfolgend lediglich ausgewählte, nahezu immer relevante Materialien aufgelistet.

  • Räumlichkeiten: kleinere Räume für die einzelnen Gruppen und ein größerer Raum, in dem bspw. Plenarsitzungen stattfinden können
  • Arbeitsutensilien in den Räumen (Stifte, Papier, Flipcharts, Projektoren etc.)
  • Bestuhlung und Tische
  • ggf. Internetzugang zur Informationsrecherche und entsprechende Computer in ausreichender Anzahl
  • wünschenswert: Accessoires, die das Spielgefühl verstärken
  • Informationsmaterialien an den Tischen der Arbeitsgruppen entsprechend ihrer Rolle im Spiel
Tipps und Anregungen

Es gibt mittlerweile eine Vielzahl an frei verfügbaren Lehrmaterialien im Netz, die das Szenario des jeweiligen Planspiels darstellen. Nachfolgend finden Sie eine Auswahl aufgelistet:

  • Die Vereinigten Staaten von Europa: Ein europäisches Planspiel, das den Spielenden die Funktionsweise der EU näherbringen soll.
  • Planpolitik: Ein Anbieter von Planspielen, der kostenlos einige Spielmaterialien bspw. zu Fragen der Infrastrukturgestaltung, von Rechtsextremismus und religiöser Freizügigkeit anbietet.
  • Eine neue Straße für Felddorf?: Von der Universität Göttingen entwickeltes Planspiel für Grundschulkinder zur Vermittlung kommunalpolitischer Abläufe.
  • Zudem bietet die Bundeszentrale für politische Bildung eine umfangreiche Datenbank zu Planspielen an. Es kann dabei anhand verschiedener Kriterien (Thema, Teilnehmerzahl, Dauer, Spieltyp, Alter der Spielenden) aus einer Vielzahl an Vorlagen das passende Spiel herausgesucht werden.
Dauer

je nach Verfahren ein Tag bis zu einer Woche

Kosten pro Teilnehmer

> 10 €

Anforderung an Moderation

hoch

Professionelle Moderation

nicht erforderlich

Weiterführende Informationen unter:

Methodendarstellung der Bundeszentrale für politische Bildung