Kommentar zur Diskussion um einen Think-Tank für Partizipation:

Andreas Antic

Die Idee, eine Denkfabrik einzurichten, die auf das wichtige Thema Partizipation spezialisiert ist, halte ich für ausgesprochen sinnvoll und zeitgemäß. In Zeiten einer hochkomplexen, globalisierten und digitialisierten Moderne können nachhaltige Lösungen von großen und kleinen öffentlichen Angelegenheiten nur durch eine enge Verschränkung von fachlicher Expertise und dem Erfahrungswissen der Betroffenen entwickelt werden. Die dazu nötige breite Etablierung und Förderung von sinnvoller und effektiver Beteiligung – im Sinne eines aktiven, konstruktiven, inklusiven und kritischen Mitdenkens aller Beteiligten in Bezug auf konkrete Handlungszusammenhänge – stellt eine zentrale Grundlage für individuelle und gesellschaftliche Lernprozesse dar. Darin besteht nicht nur eine Alternative zu autoritären und technokratischen Verfahren, sondern die einzige angemessene Strategie für einen nachhaltigen Umgang mit komplexen gesellschaftlichen Transformationsprozessen.

Zugleich sehe ich in der Einrichtung einer Denkfabrik für Partizipation eine besondere Herausforderung, die andere Denkfabriken vielleicht weniger haben. Denn hier geht es nicht um die politische Einflussnahme von abgrenzbaren Partikularinteressen, sondern um eine strukturelle Veränderung von gesellschaftlichen Prozessen und Denkgewohnheiten, die nur mit größter Umsicht, Offenheit und breiter Partizipation erzielt werden können, wenn sie nachhaltige Veränderungen bewirken sollen. Bei einer Denkfabrik für Partizipation kann es sich demnach grundsätzlich nicht um eine rein staatliche, advokatorische, private oder rein akademische Denkfabrik handeln. Sie müsste vielmehr von einer breiten Öffentlichkeit getragen werden und hohe Anforderungen in Bezug auf Beteiligung an sich selbst anlegen. Insofern hätten wir es hier mit einem neuartigen, experimentellen Konzept einer offenen Denkfabrik zu tun, die kontinuierlich ihre eigene Grundlage und Funktionsweise hinterfragen muss. Dazu überzeugende neue und wirksame Konzepte der offenen Zusammenarbeit zu entwickeln, stellt bereits eine große Herausforderung dar. Die Entscheidung, bereits die Vorübergegangen und Vorschläge zu Form und Inhalt der Denkfabrik öffentlich zu machen, geht sicher in die richtige Richtung. Ich wünsche wir, dass dieser Ansatz weiter verfolgt wird und erhalten bleibt.

Als zentrale Aufgabe einer Denkfabrik für Partizipation sehe ich die aktive Unterstützung und Förderung der individuellen und gesellschaftlichen Lernprozesse. Eine Funktion könnte darin bestehen, eine zentrale Anlaufstelle zu bieten für Informationen über die vielfältigen Formen, Gründe und Ziele von Beteiligung in den unterschiedlichsten Kontexten und über die unterschiedlichen Erfolgsfaktoren, die auch nicht immer quantifizierbar sind. Interessierte Personen, die nicht tief in den Debatten über Partizipation stecken, sollten einen Überblick zu den Möglichkeiten bekommen, die sie in ihrem eigenen Umfeld wirksam umsetzen können, und sich mit anderen in regelmäßigen Treffen persönlich austauschen können. Die Denkfabrik sollte einen Überblick über die zahlreichen lokalen und regionalen Experimente mit Beteiligungsformaten zusammentragen, auswerten, weiterdenken sowie Empfehlungen und Standards für die Beteiligung in bestimmten politischen Verfahren entwickeln und die Ergebnisse selbstverständlich frei zur Verfügung stellen.