Ephesos-Modell

Das Ephesos-Modell stellt ein konsultatives Bürgerbeteiligungsverfahren dar, welches auf konfliktarme und auf Augenhöhe ausgerichtete Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung bei Projektvorhaben setzt.

Foto: F. Tronchin via flickr.com, Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0

Das Ephesos-Modell ist ein Kommunikations- und Beteiligungsverfahren, welches insbesondere Bürger, Projektbetreiber und Behörden einschließt. Es wurde im Zuge einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eines Eisenbahnprojektes von dem interdisziplinären Beratungsunternehmen Kienast & Kienast Ges.m.b.H. entwickelt. Der Name Ephesos spielt dabei auf die gleichnamige antike Handelsstadt an, die aufgrund ihrer kulturell vielseitigen Bewohner eine auf Beteiligung ausgerichtete Stadtpolitik verfolgte. So steht auch das Ephesos-Modell ganz im Sinne des Dialogs und des Konfliktmanagements. Im Wesentlichen geht es bei diesem Modell um die Öffentlichkeitsbeteiligung und Ermöglichung von Kommunikationsprozessen. Dabei wird nicht nur umfassend informiert. Gleichermaßen soll insbesondere in konfliktgeladenen Debatten, die Möglichkeit der sachlichen und wertneutralen Planungs- und Diskussionsbeteiligung geboten werden.

Dies bietet Vorteile für alle Beteiligten: Bürger erlangen umfassende, themenbezogene Informationen, können Bedenken, Ängste und Wünsche artikulieren. Projektbetreiber und Planer haben die Möglichkeit, Betroffene zu informieren und eventuell entstandene Fehlinformationen und Ängste auszuräumen. Im Vorfeld können hierbei auch eventuelle Einwände von Behörden bereits reduziert werden. Die im Ephesos-Modell erarbeiteten Ergebnisse kommen schließlich auch der Behörde zugute. Durch die schriftliche Dokumentation des Modellverfahrens sind letztlich alle Parteien auf dem gleichen Wissensstand.

Verfahrenskonzept

ja

Funktion

Information; Konsultation

Gruppengröße

Kleingruppen < 15 Personen; mittlere Gruppen 15-30 Personen; Großgruppen > 30 Personen (entsprechend der Großgruppen-Arbeitsmethoden)

Teilnehmer (Min)

2

Teilnehmer (Max)

100

Zielgruppe

Allgemeinheit

Vorbereitung

Da für dieses Modell ein professioneller Moderator benötigt wird, muss dieser bereits vor Beginn des Beteiligungsverfahrens engagiert werden. Je nach Umfang und Komplexität des Projektes oder Themas sollte auch eine Projektassistenz organisiert werden. So wird ein möglichst effektives und faires Beteiligungsverfahren gewährleistet. Der Moderator muss unabhängig sein und keine der beteiligten Interessengruppen nahestehen.

Im Vorfeld sollte auch an die regelmäßige Pressearbeit gedacht werden, die alle Parteien informiert und mit Pressemitteilungen und -gesprächen für die nötigen Hintergrundinformationen sorgt.

Ablauf

Das Ephesos-Modell sollte mit Beginn des Projektverfahrens beziehungsweise der Projektplanung einsetzen. Da es insbesondere für UVP entwickelt wurde, bemisst sich die Vorbereitung nach dem Zeitraum des UVP-Verfahrens. Wichtig ist, dass das Modell vor der eigentlichen Prüfung der Behörden beginnt, um alle Befindlichkeiten der betroffenen Akteure miteinbeziehen zu können. 

Außerdem stützt sich das Modell auf die Bildung von sogenannten Gesprächsforen, die sich in Gemeindeforen und regionale Foren aufteilen. Je nach Projekt können die Foren dabei unterschiedlich zusammengesetzt sein. Wichtig ist, dass Arbeits- und Kommunikationsziele für das jeweilige Forum deutlich formuliert werden. Die Betroffenen (evtl. auch durch Vertreter) sollten zudem in den jeweiligen Foren beteiligt sein.

Das regionale Forum

Das regionale Forum vertritt die Sicht und Interessen der betroffenen Region. Hier sind insbesondere die in der Region zuständigen Abgeordneten, derBürgermeister, der Umweltausschuss, die Bezirksvertreter, die Arbeits- und Wirtschaftskammer sowie Vertreter der Bürgerinitiativen anwesend.

Das Gemeindeforum

Die Gemeindeforen sind zentral für die Kommunikationsarbeit des Ephesos-Modells. Mitglieder dieses Forums diskutieren und arbeiten auf Basis ihrer örtlichen Detailkenntnisse mit dem Planer die betreffenden Projektinhalte durch und schlagen erforderliche Verbesserungen vor. Gemeindeforen haben in der Regel folgende Mitglieder: Bürgermeister, Ortsvorsteher, (Umwelt-)Gemeinderat, Gemeindesekretär, Anrainervertreter, Grundbesitzer, Gemeindearzt, Vertreter der Feuerwehr, von Umwelt- und Naturschutzgruppen und von ortsansässigen Bürgerinitiativen.

Die wichtigsten Rahmenbedingungen

Zu Beginn sollte ein klar definierter Zeitrahmen erarbeitet werden (Gesamtdauer, Zusammenkünfte etc.). Bei einer UVP umfasst dies in der Regel mindestens sechs Monate. Dabei sollte auch auf ein entsprechend organisiertes Zeitmanagement (Frequenz der Zusammenkünfte) geachtet werden: Das Beteiligungsverfahren stellt für viele der Teilnehmenden eine Aktivität in der Freizeit dar und sollte sich daher an neuen Erkenntnissen, Lösungsvorschlägen oder Ergebnissen orientieren, um keine Wiederholungen und Abschweifungen zu riskieren.

Als nächstes muss ein genauer Arbeitsplan (Vereinbarungen zu Arbeitsmethoden, Dauer, Entscheidungsprozessen und Verantwortlichkeiten, Rolle der Moderation) erstellt werden. Die genaue Arbeitsweise sollte gleich zu Beginn der ersten Zusammenkunft beschlossen und schriftlich festgehalten werden.

Zudem sollten die entsprechenden Materialien (Pläne, Modelle, schriftliche Unterlagen, Overheadfolien etc. für alle Teilnehmer) vorbereitet werden. Hier sollte insbesondere auch auf die allgemeine Verständlichkeit geachtet werden. So sollte zur verständlichen Kommunikation auf allen Ebenen – von Seiten des Betreibers und Prozessbegleiters – auf professionell vorbereitetes Arbeits- und Informationsmaterial geachtet werden.

Schließlich werden Prozess, Anfragen, Wünsche, Ergebnisse und Zusagen schriftlich festgehalten und allen Beteiligten und Interessierten zugänglich gemacht.

Material
  • Arbeits- und Informationsmaterialien: Pläne, Modelle, schriftliche Unterlagen, Overheadfolien etc.
  • Räumlichkeiten: Einen Raum, in dem alle Teilnehmenden ausreichend Platz haben. Er sollte außerdem die Möglichkeit bieten, elektronische Medien nutzen zu können (Beamer, Overheadprojektor etc.).
  • Arbeitsutensilien: Stifte, Papier, Handouts etc.
Tipps und Anregungen

Eine genau Beschreibung des Modells anhand eines Praxisbeispiels von Kienast/Erber findet sich hier als PDF-Datei. Sie liefert u. a. eine präzise Darstellung des Anforderungsprofils und der erforderlichen Qualifikationen eines notwendigen Moderators und gibt detailliert Einblick in die Arbeitsabläufe der Gemeindeforen.

Das Ephesos-Modell ist ein speziell auf behördliche Umweltverträglichkeitsprüfungen abgestimmtes Bürgerbeteiligungsverfahren. Hierin besteht gleichermaßen seine Stärke und Schwäche. Das Modell eines moderatorengeführten Dialogs zwischen Bürger, Behörden und Projektbetreibern ist zwar auch in anderen Fällen üblich, jedoch kann sich eine Überführung des Ephesos-Modells in andere Kontexte als schwierig erweisen.

Dauer

3 bis 6 Monate

Kosten pro Teilnehmer

> 100 €

Anforderung an Moderation

hoch

Professionelle Moderation

erforderlich