Zugang zu „Stillen Gruppen“ in Beteiligungsprozessen

Oft bleibt eine bestimmte Gruppe an Menschen Beteiligungsformaten fern. Doch welche Möglichkeiten gibt es, die sogenannte „Stille Gruppe“ mit in Beteiligungsverfahren zu integrieren?

Podiumsdiskussion Menschen Beteiligungsformate Heinrich Böll Stiftung - Foto: Philipp Reiss via flickr.com , Lizenz: CC BY-SA 2.0

Beteiligungsformate weisen oftmals eine ungleiche Teilnehmerstruktur auf. Wie in dem Beitrag die „üblichen Verdächtigen“ beschrieben, ist häufig eine – mehrheitlich männliche Personengruppe mittleren Alters, mit höherem Bildungsstand, gutem Einkommen und politischem Interesse – auf Beteiligungformaten überrepräsentiert. Dagegen beteiligen sich Personen nicht, wenn sie nicht über die nötigen Ressourcen verfügen, keine Interesse haben sich zu beteiligen oder in keinem beteiligungsnahen Umfeld eingebunden sind. So besitzen die sogenannten „Stillen Gruppen“ entweder nur einen kleinen Redeanteil in Beteiligungsverfahren oder bleiben solchen Veranstaltungen von vornherein fern. Doch welche Möglichkeiten gibt es, „Stille Gruppen“ für Bürgerbeteiligungsverfahren zu gewinnen?

Die Allianz für Beteiligung lud unter dieser Fragestellung die Referentin Petra Schmettow – Mitbegründerin und Vorstand des Forum für internationale Entwicklung + Planung – ein. Diese erarbeitete zusammen mit den Teilnehmern vor Ort Antworten auf die oben skizzierte Frage. Dabei griff die Referentin auf ihre Erfahrung als Quartiersmanagerin aus dem Programm „Soziale Stadt“ zurück. In diesem Projekt der Stadt Esslingen wurden im Stadtteil „Pliensauvorstadt“ Bürgerbeteiligungsverfahren für den Städtebau, der Quartiersentwicklung und für soziale Programme durchgeführt. Doch mit welchen Mitteln gelang es der Referentin „Stille Gruppen“ für Beteiligung zu gewinnen?

Zugang zu stillen Gruppen

Der zentrale Ansatz von Schmettow lautete: „Brücken bauen!“ – unter diesem Motto entwickelte sie fünf Handlungsprinzipien mit denen „Stille Gruppen“ für Beteiligungsformate besser erreicht und mobilisiert werden können (Diskurspapier – Initiative Allianz für Beteiligung e.V.):

  • „An konkreten Interessen ansetzen“ lautet die erste Handlungsmaxime. So müssen Initiatoren für Beteiligungsprozesse wissen, welche Aspekte eines Verfahren für die Menschen interessant sind und inwiefern sie sich zu dem Thema einbringen können. Diese Aspekte müssen deutlich herausgearbeitet werden und für die entsprechenden Zielgruppe transparent sein.
  • Das Handlungsprinzip „Beteiligung einfach machen“ zielt auf die Veranstaltungsform der aufsuchenden Beteiligung. Schmettow resümiert dazu: „Gehen Sie an die Orte, zu denen die Leute gehen, die sich beteiligen wollen.“ Damit sind sowohl Möglichkeiten wie ein Bürgercafé oder ein Kochabend als Beteiligungsformat möglich. Die Maßnahmen sollten dabei möglichst einladend und auf die Zielgruppe zugeschnitten sein.
  • Mit dem Handlungsprinzip „vertraute Räume nutzen“ spricht sich Schmettow für die Nutzung von etablierten Räumen aus. Räume wie bspw. Kindergärten, Schulen oder Vereine sind den Menschen bekannt und sorgen auf diese Weise für eine vertraute Umgebung bei den Beteiligungsverfahren.
  • Die vierte Handlungsmaxime – „Netzwerke nutzen“ – unterstreicht die Bedeutung der persönlichen Ansprache. Diese ist besonders dann erfolgreich, wenn die potenziellen Teilnehmer durch Menschen angesprochen werden, zu denen sie bereits einen Bezug haben. So empfiehlt sich die Kontaktaufnahme zu einem bereits existierenden Netzwerk, mit welchem Menschen besser und direkter erreicht werden können.
  • Unter dem Punkt „Verlässlich sein“ subsumiert Schmettow die Bedeutung von gegenseitigem Vertrauen und Respekt in Beteiligungsprozessen. Termine, verabredete Schritte und Vereinbarungen müssen verlässlich eingehalten werden und für die Zielgruppe transparent sein. Zudem müssen sogenannte etablierte Schlüsselpersonen, welche den Zugang zu „Stillen Gruppen“ herstellen können, in den Prozess mit integriert werden und als ebenbürtige Partner wahrgenommen werden.

Fazit

Mit dem Prinzip des „Brücken bauen“ präsentiert Schmettow fünf überzeugende Handlungsprinzipien für eine bessere Inklusion von „Stillen Gruppen“ in Beteiligungsformate. Auch wenn die Handlungsmöglichkeiten bereits etabliert sind und gängige Praxis sein sollten, werden sie dennoch nicht durchgängig in der Praxis angewandt. So müssen nach Schmeetow Hindernisse wie Ressourcen- oder Zeitmangel analysiert werden und der Beteiligungsprozess dementsprechend angepasst werden.

Literatur

Das vollständige Diskurspapier: „Zugang zu stillen Gruppen in Beteiligungsprozessen – Erfahrungen, Herausforderungen und Möglichkeiten“ veröffentlicht von der Initiative Allianz für Beteiligung e.V. finden sie hier.

 

Literaturhinweise

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Partizipation – ein Begriff, der ein Meister der Verwirrung ist Buchabschnitt

In: Carsten Quesel; Fritz Oser (Hrsg.): Die Mühen der Freiheit: Probleme und Chancen der Partizipation von Kindern und Jugendlichen, S. 17-37, Rüegger, Zürich, 2006.

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Richard Schröder

Kinder reden mit! Beteiligung an Politik, Stadtplanung und Stadtgestaltung Buch

Beltz, Weinheim, 1995.

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