Wie wir leben wollen
Der Abschlussbericht zu „Gut leben in Deutschland“ ist fertig
„Demokratie ist ein Geschenk, aber es fehlt das Bewusstsein, wie grandios dieses Geschenk ist“, so die Stimme eines Bürgers, der vergangenes Jahr am Bürgerdialog der Bundesregierung zum Thema „Gut leben in Deutschland – was uns wichtig ist“ teilgenommen hat. Wer sich damals beteiligte, wird schon eine Vorstellung davon gehabt haben, welche Chancen die Demokratie seinen Bürger*innen eröffnet.
Der am 26. Oktober erschienene Auswertungsbericht des Bürgerdialogs kann als Zeugnis der Idee von Demokratie als Geschenk angesehen werden. Über 200 Gesprächsrunden fanden in ganz Deutschland statt. Bei 50 von diesen waren entweder Bundesminister*innen oder Kanzlerin Angela Merkel selbst anwesend. Die übrigen wurden ebenfalls mit Mitarbeiter*innen der Bundesregierung abgehalten. Das folgende Video zeigt einen der Bürgerdialoge, bei denen Angela Merkel anwesend war:
Bessere Lebensqualität statt einem „Mehr“ an materiellen Gütern
Der Bericht der Bundesregierung zur Lebensqualität in Deutschland hält gleich zu Beginn fest, dass es nicht mehr um ein ständiges Wachstum der Wirtschaft ginge, sondern um die Erhaltung des bestehenden Wohlstands und eine Verbesserung der Lebensqualität. Dies schließe ein besseres Qualitätsmanagement der Güterproduktion und Verteilung ein.
Angefertigt wurde der Bericht von unabhängigen Wissenschaftler*innen auf Grundlage der zwischen April und Oktober 2015 beigesteuerten schriftlichen und mündlichen Kommentare der Bürger*innen. Mehr als 15.000 Bürger*innen gaben ihre Meinung zum Thema ab, woraus sich ein breit gefächertes Spektrum an Aspekten von guter Lebensqualität ergab. Zwar sind die Ergebnisse des Bürgerdialogs aus wissenschaftlicher Sicht nicht repräsentativ, aber „aufgrund der Vielfalt der Gruppen, die sich beteiligt haben, ergab der konsultative Prozess jedoch ein differenziertes Bild der gesellschaftlichen Prioritäten der Bürger*innen in Deutschland und der damit verbundenen politischen Herausforderungen“ (S. 5).
Mehr als 400 Punkte wurden angesprochen. Die zwölf meistgenannten Dimensionen eines guten Lebens in Deutschland werden im Auswertungsbericht vorgestellt und den drei großen Kategorien Unser Leben, Unser Umfeld und Unser Land zugeordnet. Die Dimensionen beschäftigen sich beispielsweise mit Themen wie Gesundheit, Arbeit, Freizeit, Sicherheit, Umweltschutz, Gleichberechtigung und globale Verantwortung. Diese werden mithilfe von insgesamt 46 Indikatoren näher bestimmt und messbar gemacht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel weist in ihrem Podcast auf die Einzigartigkeit der Indikatoren hin. Durch sie wären wir in der Lage, anzuzeigen, „wie sich die Bürgerinnen und Bürger ihr Leben vorstellen“, und wie wir „dann – auch über Jahre – verfolgen können, ob sich etwas im Sinne der Bürger zum Besseren wendet“. Merkel begrüßte den Dialog mit den Bürger*innen und freut sich über das Erscheinen des Regierungsberichts. Mit ihm werde „ein Stück Neuland“ beschritten.
Neuer Datensatz zur Lebensqualität
Die Daten, die während des Bürgerdialogs und der anschließenden Auswertung erhoben wurden, sollen auch in Zukunft weiter gesammelt werden. Die Bundesregierung möchte alljährlich auf Basis der 46 Indikatoren die Lebensqualität in Deutschland messen und die Ergebnisse für die politische Arbeit nutzbar machen.
Auch wenn bisher noch nicht genau gesagt werden kann, welche konkreten Auswirkungen der Regierungsbericht auf die zukünftige Lebensqualität der Deutschen haben wird, so sind die Gespräche zwischen den Regierungsmitglieder*innen und der Bevölkerung als positiv zu bewerten. Die geplante fortlaufende Datenerhebung könnte in Zukunft ein hilfreicher Wegweiser für die deutsche Politik sein.
Literaturhinweise
Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Deutschland Artikel
In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Bd. Band 10, S. 25-31, 2006.
EriK - Entwicklung eines mehrstufigen Verfahrens der Risikokommunikation Buch
Akademie für Technikfolgenabschätzung, Stuttgart, 2005.
Direkte Demokratie: Forschung und Perspektiven Sammelband
VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2003, ISBN: 978-3531138527.
Auswahlverfahren für Endlagerstandorte - Empfehlungen des AkEnd Forschungsbericht
Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) 2002.
Massenmedien und lokaler Protest Buch
Westdeutscher Verlag, Opladen, 2002.
Neue Formen politischer Beteiligung Buchabschnitt
In: Ansgar Klein; Ruud Koopmans; Heiko Geiling (Hrsg.): Globalisierung, Partizipation, Protest, S. 255-274, Leske+Budrich, Opladen, 2001, ISBN: 978-3-322-94936-3.
New Options for Participatory Democracy Buchabschnitt
In: Chiranji Yadav (Hrsg.): Perspectives in Urban Geography, City Planning: Administration and Participation, Concept Publishing Company, New Delhi, 1986.
Zukunftswerkstätten: Wege zur Wiederbelebung der Demokratie Buch
Goldmann Verlag, München, 1983.
Theorie des Kommunikativen Handelns Buch
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1981.
A Ladder of Citizen Partizipation Artikel
In: Journal of the American Planning Association, Bd. 35, Nr. 4, S. 216-224, 1969.