Wert des Lesens

Lesekompetenz öffnet Türen zum tiefgreifenden Verständnis von Themen und ermöglicht so die Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen – der Partizipation. Jedoch wandelt sich die Lesekompetenz.

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Es begleitet uns seit dem Grundschulalter. Es ist eine Fähigkeit, die wir unzählige Male am Tag nutzen, sei es unbewusst bei Wegweisern und Packungsbeilagen oder bewusst beim Öffnen eines Romans. Das Lesen ist eine zentrale Basiskompetenz unserer Gesellschaft. Es ermöglicht uns die Teilhabe an Debatten, öffnet uns die Türen zu neuem Wissen und ist Voraussetzung für die Meinungsbildung. Eine Partizipation an politischen Prozessen ist somit ohne Lesekompetenz nur schwer möglich.

Eine Ausgabe von „aus Politik und Zeitgeschichte“ der Bundeszentrale für politische Bildung befasst sich daher mit dem Wandel der Lesekultur und dessen Veränderungen durch die Digitalisierung.

In der Kürze liegt die Würze?

Deutlich zu sehen ist, dass sich die Art des Lesens gewandelt hat. Zeitungen, Zeitschriften und Romane werden immer häufiger durch digitale und vor allem kürzere Texte ersetzt, so Heinrich Riethmüller. Meinungsbildung erfolgt immer mehr über Social Media. Jedoch kann eine komplexe Thematik nicht in 280 Zeichen in einem Twitter-Post erklärt werden. Die Diskrepanz zwischen den kurzen, einfachen Texten der digitalen Welt und den komplexen Themen der Realität wird immer größer. Eine schnelle Informationsakkumulation hat immer auch Informationsverluste zur Folge, so der Autor Schlecky Silberstein. Beispielsweise ist die Erschließung einer Thematik in ihrer Gesamtheit nicht durch das Überfliegen von Artikeltiteln oder Pop-Up-Nachrichten möglich. Die daraus folgenden verkürzten Argumentationen haben auch Auswirkung auf die Denkmuster der Leser. Sie fangen an „kürzer“ und somit einfacher zu denken, so Riethmüller. Jedoch ist genau diese vielschichtige Auseinandersetzung mit Themen eine wichtige Kompetenz. Sie wird nicht nur bei der Meinungsbildung, sondern auch beim gegenseitigen Austausch im Rahmen eines Beteiligungsformates benötigt. Eine erfolgreiche Konfliktlösung ist ohne eine umfassende Auseinandersetzung mit der Gegenposition nicht möglich. Der Trend zu kürzeren, digitalen Texten geht manchmal auch mit einer extremeren Positionierung einher. Zugespitzte Überschriften, die eine hohe Anzahl von Klicks erzielen wollen, können die Leser polarisieren. So kann sich auch die Grundprämisse verändern, mit der jemand in einen diesbezüglichen Diskurs geht, was wiederum eine konsultative Lösungsfindung erschwert. 

Und welche Folgen wird das haben?

Das Lesen hat schon immer eine große Rolle für die Menschheit gespielt. Die Lesekultur ist stark in unserer Geschichte verankert, wie man im Artikel des Literaturwissenschaftlers Erich Schön gut erkennen kann. Für viele partizipatorische Verfahren ist die Lesekompetenz von fundamentaler BedeutungDas Vorhandensein dieser Fertigkeit wird häufig als gegeben hingenommen, doch ist sie „auch in unserer Zeit […] nicht selbstverständlich“, so die Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung Simone Ehmig – über sieben Millionen Deutsche sind Analphabeten. Bei der Ausgestaltung breitenwirksamer und inklusiver Beteiligungsprozesse sollte dieser Aspekte stets bedacht werden. 

Die vollständige Ausgabe „Lesen“ des Hefts „Aus Politik und Zeitgeschichte“ (Ausgabe 12 der Bundeszentrale für politische Bildung) können Sie hier herunterladen.

Literaturhinweise

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Sherry Arnstein

A Ladder of Citizen Partizipation Artikel

In: Journal of the American Planning Association, Bd. 35, Nr. 4, S. 216-224, 1969.

Abstract | BibTeX

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