Mobilität im ländlichen Raum

Wie vier Kommunen ein Mobilitätsangebot mitentwickeln

Die Deutsche Umweltstiftung und die Universität Kassel haben unter Beteiligung von vier Kommunen und der Bevölkerung ein kostenfreies Angebot für Mitfahrten, Mitbring- und Hilfsangeboten entwickelt.

Akzeptanz und Veränderung müssen gemeinsam geschaffen werden, so auch bei der Verkehrswende. Insbesondere auf dem Land sind unzureichende Angebote des ÖPNV ein Problem. Die einzige Möglichkeit, sich hier flexibel fortzubewegen, ist oft nur das Auto. Ein möglicher Schritt in Richtung Ressourcenschonung und mehr Mobilität im ländlichen Bereich ist die gemeinsam von der Deutschen Umweltstiftung und der Universität Kassel entwickelte Mobilitätstafel. Gefördert wird das Projekt vom BMBF.

Die digitale Tafel steht aktuell in den drei bayrischen Gemeinden Schöllkrippen, Mömbris und Kahl am Main sowie dem sächsischen Netzschkau. Sie erlaubt es Bürger*innen, kostenlos Mitfahr- oder Mitbringangebote einzustellen und/oder wahrzunehmen. Die dahinter stehende Software ist ebenfalls online und über eine App erreichbar. 

Mobitafel Kahlgrund (Kahl am Main, Schöllkrippen, Mömbris): https://kahlgrund.mobitafel.de/ 

Mobitafel Netzschkau: https://netzschkau.mobitafel.de/ 

Durch das Modellprojekt soll eine bessere Anbindung an den ÖPNV im Umland und ein dichteres Mobilitätsnetz entstehen. Weitere Funktionen auf der Mobilitätstafel unterstützen die Stärkung des sozialen Zusammenhalts: So können Kulturschaffende auf aktuelle Veranstaltungen hinweisen; Fahrgemeinschaften organisiert, Mitbringangebote und -gesuche inseriert und kostenlose Hilfsangebote auf der Plattform eingestellt werden. 

Frühzeitige und kontinuierliche Beteiligung

Die frühe und kontinuierliche Einbindung der Bevölkerung war eine der grundlegenden Voraussetzungen für die hohe Wirkkraft des Projektes. Bürger*innen müssen das Angebot akzeptieren und die Möglichkeit haben, eigene Ideen und Wünsche bei der Ausgestaltung einzubringen.

Zu Beginn des Projektes wurde in allen vier Gemeinden zunächst ein öffentlich zugänglicher Workshop organisiert, um die Herausforderungen, Wünsche und Bedarfe der Bürger*innen an das regionale Mobilitätsangebot zu thematisieren.  Die Idee war, die Bürgerschaft der involvierten Kommunen aktiv in die Mitgestaltung einzubinden. Dabei wurden engagierte Bürger*innen sowie lokale Kulturschaffende, Dienstleistende und Entscheidungstragende mit einbezogen. Die Teilnehmenden wünschten sich u. a. die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs – insbesondere schnellere Taktungen und bessere Anbindung sollen die Erreichbarkeit innerorts und umliegender Orte verbessern. Auch Barrierefreiheit und Umweltfreundlichkeit des ÖPNV sowie der Ausbau von Radwegen und die Reduzierung des Individualverkehrs durch bspw. Fahrgemeinschaften sind ein Anliegen der ländlichen Gemeinden. 

Gründung von Begleitkreisen

In den vier Kommunen wurden ausgehend von Beteiligungsworkshops im Herbst 2021 Begleitkreise gegründet, um interessierten Bürger*innen die Möglichkeit zu geben, die Entwicklungen des Projektes aktiv zu begleiten. Diese sollen dazu beitragen, die spezifischen Anforderungen und Bedürfnisse der Gemeinden bei der Planung der Mobilitätstafel zu berücksichtigen. Beim ersten Treffen diskutierten die Teilnehmer*innen u. a. über mögliche Standorte der digitalen Tafel. Beim zweiten Begleitkreistreffen wurden die Funktionen der Mobilitätstafel diskutiert, mögliche Nutzendenführungen vorgestellt und Datenschutz, Teilnahmebedingungen sowie auch Sicherheit thematisiert. Beispielsweise wurden zwei mögliche Darstellungen diskutiert. Erstens eine tabellarische Darstellung der Hilfsangebote in Form eines Fahrplans. Zweitens eine kontextbedingte Nutzendenführung. Des Weiteren stellte sich heraus, dass die Informationen auf der Mobilitätstafel barrierefrei und per mobiler Endgeräte abrufbar sein sollen. In einem dritten Begleitkreistreffen beschäftigten sich die Gruppen mit Werbemaßnahmen. Sie entschieden, die Mobilitätstafel öffentlich und feierlich einzuweihen und bei öffentlichen Events für das Angebot zu werben. Die niedrigschwellige Registrierung mit wenigen Angaben zur Person wurde als positiv empfunden. Die Gemeinden äußerten Verbesserungswünsche bezogen auf das Thema Barrierefreiheit, welche daraufhin umgesetzt wurden. 

Offener Zugang auch nach Projektstart

Die Bürger*innen in den Regionen wurden regelmäßig angesprochen und ermutigt, an den Beteiligungsworkshops teilzunehmen. Die Teilnahme ist zu jedem Zeitpunkt möglich. Auch nach dem Projektlaunch werden weitere Treffen stattfinden, um Feedback einzuholen und das Angebot der Mobilitätstafel weiter zu verbessern. 

Seit Dezember 2022/Januar 2023 sind die vier Mobilitätstafeln in Betrieb. Alle Projektschritte sind öffentlich einsehbar (https://mobitafel.de/). Viele Bürger*innen haben sich bereits angemeldet und erste Fahrten wurden eingestellt.

Autos und Kompetenzen auf freiwilliger Basis teilen und einander helfen – auf diese Weise fördert die Mobitafel die Lebensqualität im ländlichen Raum. Doch damit nicht genug: Das Netzwerk der Mobitafel soll weiter wachsen. Wenn auch Ihre Kommune Teil des deutschlandweiten Netzes werden soll, melden Sie sich gerne unter https://mobitafel.de/kontakt

Literaturhinweise

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In: Political Science Quarterly , Bd. 109, Nr. 1, S. 23-34, 1994.

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Robert Jungk; Norbert Müllert

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Theorie des Kommunikativen Handelns Buch

Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1981.

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Friedrich Glasl

Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater Buch

Freies Geistesleben, Stuttgart, 1980, ISBN: 978-3-7725-2811-9.

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Sherry Arnstein

A Ladder of Citizen Partizipation Artikel

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Abstract | BibTeX

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Methodenhinweise

Kommunaler Planungsworkshop
Der Planungsworkshop unterstützt mit seinem strukturierten Ablauf und geringen Zeitanspruch Kommunen bei der Ausarbeitung eines Aktionsplans. Die Methode ist besonders geeignet für Gruppen, die bereits über eine gemeinsame Vision verfügen.

Deliberative Mapping
Beim Deliberativen Mapping entwickeln Fachleute und Bürger gemeinsam in einem konsultativen Verfahren priorisierte Handlungsalternativen zur Bearbeitung eines Konfliktthemas.

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