Chancen & Risiken von Open Government

Das Prinzip des Open Government steht für die Öffnung von Staat und Verwaltung. Was genau das bedeutet und welche Chancen und Risiken sich hinter dem Begriff verbergen, erfahren Sie im folgendem Beitrag.

Foto: Foreign and Commonwealth Office | Open Government Partnership via flickr.com, Lizenz: CC BY 2.0

Open Government oder auch Open Government Partnership (OGP) steht allgemein für eine Öffnung von Staat und Verwaltung sowie die Bereitstellung und Offenlegung von Verwaltungsdaten. Staaten wie die USA, Südkorea oder Peru, die OGP-Prinzipien seit 2011 in ihre Regierungsverwaltungen eingeführt haben, gehören laut der multilateralen OGP-Initiative zu den Pionieren. In der Bundesregierung haben sich die Vorhaben bezüglich dessen etwas zaghafter entwickelt. Erst 2016 beschloss das Innenministerium an der OGP-Initiative teilzunehmen und sich der Open-Data-Charta zu verpflichten. Zu den fünf Prinzipien zählen unter anderem ein Mehr an Transparenz, Beteiligung und Kooperation.

Babyschritte für Open Government in Deutschland

Diese Grundsätze werden bisher insbesondere im Web 2.0 angewendet. Diesen sogenannten E-Government-Strategien ist dabei vermehrt auch auf Länder- und Kommunalebene entsprochen worden. Hamburg, Bonn oder Düsseldorf gehören hier zu den Vorreitern. Eine einheitliche Linie der Kommunal- und Bundesverwaltung gibt es allerdings noch nicht. So zeigt beispielsweise die Initiative des (Open-)Data-Portals GovData.de, mit welchen Schwächen OGP-Verfahren zu kämpfen haben:
Die Bundesregierung wollte ihre Datenschränke allen Bürger*innen öffentlich zugänglich machen. Allerdings ist aus dem geplanten „OpenGovData“ schnell ein „GovData“ geworden. Hindernisse stellten hier unter anderem die Frage der Verfügbarkeit, des Urheberrechts der Daten und der nutzergerechten Sichtbarmachung von ihnen dar. Kritik kommt deshalb nicht nur von Datenaktivist*innen, sondern auch von Bürger*innen, die nicht an die Informationen kommen, die sie benötigen. Auch bei der Umsetzung des Open Government auf EU-Ebene hapert es noch. Besonders deutlich wird dies bei der Europäischen Bürgerinitiative (EBI), die ebenfalls zur OGP-Strategie der Bundesregierung gehört. Hier herrscht ein Mangel an Verständlichkeit und Umsetzbarkeit für EU-weite Bürgerbeteiligungsverfahren.

Open Government wirklich offen gestalten

Bei der Planung und Implementierung von Open Government Prozessen ist also Vorsicht geboten. Zu groß ist die Gefahr, dass das Prädikat „Open“ zur reinen Vokabel verkommt, deren Bedeutung sich zwar einwandfrei liest, nicht aber ernsthaft umgesetzt wird. Dadurch würde vielmehr eine Form der Scheintransparenz, als wirklich durchsichtiges Regierungshandeln geschaffen.

Seitens des Innenministeriums gibt man sich weiterhin überzeugt davon, dass Bürger*innen durch Open Government „ihren Sachverstand und ihre Meinung in die Entscheidungsprozesse von Politik und Verwaltung“ einbringen können. In der Tat bietet es potenzielle Vorteile. Das Beispiel Lettland im unten stehenden Video zeigt, dass offenes Regieren hier zu einer Öffnung der Legislative geführt hat. Die Meinungen und Erkenntnisse von Bürger*innen schafften es qua Online-Petitionen ins Parlament aufgenommen zu werden und erleichterten so direkte und ergebnisrelevante Beteiligung.

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Besonders erfolgreiche Open Data Projekte aus Deutschland, Europa und anderen Teilen der Welt listet übrigens der Open Data Showroom der Open Knowledge Foundation Deutschland auf. In jedem Fall bieten Praktiken des Open Government Bürger*innen die Chance, sich durch Verfügbarkeit und Kenntnis offener Daten ein Bild etwa der politischen, geologischen, infrastrukturellen oder wirtschaftlichen Lage zu machen. Auch Unternehmen oder Forschungseinrichtungen können von Open Data profitieren. Schließlich stellt die Zugangsmöglichkeit und die Bereitstellung von Informationen von Verwaltung und Politik eine wichtige Voraussetzung zur partizipativen Teilhabe von Bürger*innen dar. Es ist somit mehr eine Form der Wissensbereitstellung als direkte Bürgerbeteiligung. Jedoch folgt es dem Leitgedanken des Bottom-Up-Prinzips und stärkt somit die Demokratie ‚von unten‘.

Diese Strategie spricht auch die einzige Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung aus Baden-Württemberg, Gisela Erler, gegenüber dem Deutschlandfunk an: „Politisch geht es bei Bürgerbeteiligung schon darum zu sagen, wie schaffen wir es, die Informationen, die in den Daten stecken, wirklich herauszubringen und zu verknüpfen mit den Menschen, […] damit sie damit wirklich etwas anfangen können, von unten her.“

Vorteile des Open Government

Nachteile des Open Government

Mehr Transparenz Gefahr der Scheintransparenz
Mehr Mitbestimmungsmöglichkeit Gefahr der Pseudobeteiligung
Mehr Informationsausgleich Datenschutzprobleme
Mehr Fortschritt und Innovation Nutzerunfreundliche Datenportale
Mehr Kooperation Mangel an bundesweiten Regelungen

Im Übrigen hat das Bundeskabinett am 25. Januar 2017 einen ersten Entwurf für ein Gesetz zur Änderung der bisherigen E-Government Bestimmungen verabschiedet. Zukünftig soll es ein verbindliches Open-Data-Gesetz geben. Es bleibt somit spannend, wie sich die Ideen des Open Government in Deutschland weiter entwickeln werden.

Literaturhinweise

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