Bürgerbeteiligung bei der Endlagersuche

Autor: Jörg Sommer

Die Legitimation des Verfahrens für die Lösung der Endlagerfrage in Deutschland – und insbesondere die Auswahl potentieller Regionen und Standorte – steht und fällt mit einer umfangreichen, intensiven und niederschwelligen Bürgerbeteiligung.

Die Beteiligung ALLER interessierten Bürger lässt sich nur über einen nachhaltigen öffentlichen Diskurs erreichen, der über mehrere Jahre hinweg entwickelt und gefördert wird.

Dabei ist es wichtig, den Menschen einen Zwischenweg zwischen Passivität und Aktivismus anzubieten, der eine Beteiligung an wichtigen Entscheidungen ermöglicht, ohne sich notwendigerweise politischen Bewegungen anschließen zu müssen.

Ein solches Konzept der Bürgerbeteiligung wurde in dem nötigen Umfang bislang in Deutschland nicht praktiziert.

Bürgerbeteiligung darf grundsätzlich kein Selbstzweck sein, sondern hat drei Ziele:

  • Legitimierung fundamentaler Entscheidungen von übergeordneter gesellschaftlicher Relevanz.
  • Akzeptanz von ggf. auch unpopulären aber nötigen Entscheidungen wie der Standortfrage eines Endlagers in Deutschland.
  • Emanzipation der Bürgerinnen und Bürger als Subjekte politischer Gestaltung unserer Gesellschaft. Ohne die Bereitschaft, die Gesellschaft umfassend und nachhaltig zu „politisieren“, allein mit dem Fokus der Schaffung von Legitimation und Akzeptanz von Entscheidungen politischer oder wirtschaftlicher Eliten wird Bürgerbeteiligung nicht funktionieren.

Gestern traf sich die erstmals die AG „Bürgerbeteiligung“ der Endlagerkommission zu ihrer konstituierenden Sitzung. Ich habe dabei vorgeschlagen, sich die folgenden Arbeitsaufträge zu geben:

  1. die Thematik der Endlagersuche in der Gesellschaft verankern.
  2. niedrigschwellige, umfassende Beteiligungsmöglichkeiten für ALLE interessierten Bürger in allen Phasen der Kommissionsarbeit entwickeln.
  3. bekannte Maßnahmen zur Bürgerbeteiligung evaluieren und auf ihre Durchführbarkeit in einem solch umfangreichen Prozess zu überprüfen, aber auch neue Technologien und Ansätze auf ihre Anwendbarkeit untersuchen.
  4. Maßnahmen und Mechanismen einer aktiven Beteiligung aller Bürger im Endlagersuchprozess zu erarbeiten, die später in den Bericht der Kommission einfließen.
  5. Vorschläge für eine intensive gesellschaftliche Kontrolle des BfE als Steuerungsinstanz der Endlagerung erarbeiten.

Inhaltlich wurde darüber aus organisatorischen Gründen nur kurz debattiert. Endgültig festgelegt wird der Arbeitsauftrag vermutlich am 22. September – bis dahin freue ich mich über weitere Vorschläge, Ergänzungen und Kritik, die ich gerne in die Sitzung einbringen werde.

Literaturhinweise

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Ortwin Renn; Thomas Webler

Der kooperative Diskurs. Theoretische Grundlagen, Anforderungen, Möglichkeiten Buchabschnitt

In: Ortwin Renn; Hans Kastenholz; Patrick Schild; Urs Wilhelm (Hrsg.): Abfallpolitik im kooperativen Diskurs. Bürgerbeteiligung bei der Standortsuche für eine Deponie im Kanton Aargau, S. 3-103, vdf, Zürich, 1998.

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Heinz Ulrich Nennen; Detlef Garbe

Das Expertendilemma: zur Rolle wissenschaftlicher Gutachter in der öffentlichen Meinungsbildung Buch

Springer , Berlin, 1996.

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Simon Joss; John Durant

Public Participation in Science. The Role of Consensus Conference in Europe Buch

Science Museum, London, 1995.

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Robert Dahl

A Democratic Dilemma: System Effectiveness versus Citizen Participation Artikel

In: Political Science Quarterly , Bd. 109, Nr. 1, S. 23-34, 1994.

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