Bürgerbeteiligung in Deutschland – Ein Überblick

Stuttgart 21: Demonstration Foto: Volker Bohn via Flickr.com , Lizenz: CC BY-ND 2.0

Seit den 60er Jahren haben sich politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Partizipation in Deutschland stark verändert. Von verschiedenen Autoren wird dies wahlweise als Folge eines Generationenaustauschs, eines umfassenden Wertewandels oder der Bildungsexpansion gesehen. Hinzu kommen der wachsende Staatsinterventionismus und Zweifel an der Fähigkeit der Institutionen und Akteure der Parteiendemokratie, anstehende Probleme zu lösen. Die Faktoren motivierten und motivieren die Bürgerinnen und Bürger dazu, eine umfassendere Teilhabe an Entscheidungen einzufordern.

Von politischer Seite waren wesentliche Gründe für die Ablehnung von mehr Bürgerbeteiligung Negativerfahrungen mit direktdemokratischen Einrichtungen in der Weimarer Verfassung und Zweifel an der politischen Reife und Urteilsfähigkeit der Bevölkerung.1 Weiterhin wurde die organisatorische Notwendigkeit der Arbeitsteilung zwischen der Bevölkerung und der politischen Führung als Begründung herangezogen. Bis 1990 existierte ein starkes Ost-West-Gefälle bei der Realisierung unmittelbarer Bürgerbeteiligung, da die zentralistische Verwaltungsstruktur des Politsystems der DDR keine Beteiligung zuließ. Ab 1990 nahm die Bedeutung kooperativer Beteiligungsverfahren zu. Seitdem sind die Möglichkeiten kommunaler Partizipation gestiegen. In der jüngsten Vergangenheit ist die Aarhus-Konvention2 aufgrund der Forderungen nach einer frühzeitigen und umfassenden Bürgerbeteiligung als ein Maßstab erfolgreicher Bürgerbeteiligung anzusehen. Seit 2006 ist sie in Form des Öffentlichkeitsbeteiligungs- und Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz im Deutschen Recht verankert. Inzwischen wurde der Begriff der „frühen Öffentlichkeitsbeteiligung“ in das Verwaltungsverfahrensgesetz aufgenommen.

Ein wachsender Teil der Bevölkerung zeigt sich gewillt mehr Teilhabe einzufordern. Bestehende Beteiligungskonzepte werden mehr und mehr von der Bevölkerung in Frage gestellt. Diese Tatsache wurde von Planungsbeauftragten und Regierungsvertretern häufig unterschätzt, teilweise auch wissentlich übergangen. Infolge dessen kam es bei diversen Bauvorhaben zu organisierten Bürgerprotesten und Protesten zivilgesellschaftlicher Gruppen. Aus diesen Erfahrungen heraus entstand in den letzten Jahren eine intensive Debatte zum Thema Bürgerbeteiligung in Deutschland.

Dieser Beitrag soll einen exemplarischen Querschnitt umgesetzter Projekte in den vergangenen Jahren aufzeigen und Positionen zu den durchgeführten Beteiligungsverfahren darstellen. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben. Aufgeführt ist eine Auswahl an Verkehrs- und Energieinfrastrukturprojekten sowie ein regionales Beispiel, das sich mit der Nachnutzung eines innerstädtischen Flughafens als Parkanlage befasst. Mehrere der aufgezählten Verfahren sind noch nicht offiziell abgeschlossen. Im Fazit werden mögliche Verbesserungsvorschläge diskutiert.

Stuttgart 21

Das Bahnhofsprojekt der Stadt Stuttgart wird in der Literatur zu Bürgerbeteiligungsverfahren im negativen wie positiven Kontext als Paradebeispiel herangezogen. Nachfolgend soll die Bürgerbeteiligung anhand der Genese des Projekts nachvollzogen werden, bei dem der Kopfbahnhof durch einen achtgleisigen, unterirdischen Durchgangsbahnhof ersetzt werden sollte.

Erstmals vorgestellt wurde das Projekt „Stuttgart 21“ im April 1994 auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. Im November 1995 schlossen Bahn, Bund, Land, Region und Stadt eine Rahmenvereinbarung, der drei Wochen später durch den Stuttgarter Gemeinderat zugestimmt wurde. Darin verpflichteten sich Stuttgarts Stadtväter vertraglich dazu, das Projekt mitzutragen. Diese erste rechtlich bindende Entscheidung stand fest, ohne dass den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zur Beteiligung eingeräumt wurde. Im gleichen Jahr gründete sich die erste Bürgerinitiative „Leben in Stuttgart – Kein Stuttgart 21“. Deren Protest erreichte damals nicht die breite Öffentlichkeit, kann jedoch als „Keimzelle“ der späteren Bewegungen angesehen werden.

Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens für den neuen Bahnknoten und die Neubaustrecke nach Wendlingen wurden 1996 Pläne und mögliche Alternativen für einen Zeitraum von vier Wochen in den betroffenen Gemeinden ausgelegt. Darüber hinaus fand unter der Überschrift „Bürger sagen ihre Meinung“ im gleichen Jahr eine konsultative Beteiligung statt. Zehn Entwurfspläne wurden ausgelegt sowie die Möglichkeit für schriftliche Einwendungen gegeben. In diesem Zeitraum reichten die rund 600.000 Stuttgarterinnen und Stuttgarter über 10.000 Eingaben und Einwände ein. Davon seien laut Zielcke die Eingaben, die Korrekturen und Detailbeschwerden formulieren, angenommen worden. Stellungnahmen, welche das Gesamtprojekt ablehnten oder durch Alternativen ersetzen wollten, seien nicht berücksichtigt worden.

Zwei Jahre nach der Rahmenvereinbarung, im März 1997, sollte eine „offene Bürgerbeteiligung“ gestartet werden, mit der Zielstellung, dass die Menschen sich in die Planung einbringen. Beteiligt wurden etwa 400 Bürgerinnen und Bürger, die in 15 Arbeitskreisen aufgeteilt konkrete Beiträge zur Ausgestaltung des Rahmenplans erarbeiteten. Widersprüchliche Aussagen finden sich zu der Übernahme der Beiträge in die Planung. Von mehreren Autoren wird der Beteiligungsversuch als nachträgliche Akzeptanzbeschaffung gesehen.3 Die repräsentative Bürgerbeteiligung aus den 90er Jahren sei nicht aussagekräftig, da die allgemeine Öffentlichkeit kaum über das Vorhaben informiert wurde. Im Juli 1997 wurde der Rahmenplan beschlossen.

Im Jahr 1999 nahm das nächste folgenreiche Ereignis seinen Lauf. Die Deutsche Bahn AG konstatierte nach einer Überprüfung des Projekts, dass es nicht komplett realisierbar sei. Das Unternehmen erwirkte einen kurzfristigen Planungsstopp. Die Reaktion der Politischen Amtsträger bestand darin, finanziell in das Projekt mit einzusteigen. So wurde die ICE-Strecke zwischen Wendlingen und Ulm durch das Land vorfinanziert und Gleisanlagen der Bahn durch die Stadt Stuttgart erworben, die im Falle des Baus des unterirdischen Bahnhofs zu Freiflächen werden sollten.

In den folgenden Jahren mehrten sich die Zweifel an der Integrität der Planungen, bedingt durch bestehende Unsicherheiten in der Finanzierung und damit verbundene, mehrfache Kostensteigerungen. Spekulationen über Verflechtungen prominenter Politiker als Berater von Firmen oder Mitglieder von Stiftungen, die sich an der geplanten Verwertung frei werdender Innenstadtflächen beteiligen, trugen ebenfalls zu wachsendem Misstrauen bei. Die Berichterstattung der Medien sei bis zu den großen Bürgerprotesten einseitig gewesen.

Im Jahr 2007 organisierten Bündnis90/Die Grünen ein Bürgerbegehren, das innerhalb von sechs Wochen rund 67.000 Unterschriften sammelte. Der Stuttgarter Gemeinderat erklärte den Entscheid für unzulässig, was später durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt wurde. Die Unzulässigkeit wurde mit der bereits vollzogenen Entscheidung des Gemeinderats begründet.

Das Ereignis motivierte laut Rucht et al. eine signifikante Gruppe zum Engagement gegen Stuttgart 21.4

Im Jahr 2009 begannen die sogenannten Montagsdemonstrationen gegen den Bau, die mehr und mehr Zulauf erhielten. Mit dem Beginn der Bauarbeiten 2010 verstärkten sich die Demonstrationen weiter, bis hin zur Eskalation am 30. September 2010. Diese erhielt traurige Berühmtheit als „schwarzer Donnerstag“5.

Vom 22. Oktober bis 30. November 2010 wurde ein Schlichtungsverfahren unter der Leitung von Dr. Heiner Geißler durchgeführt. Befürworter, Gegner und unabhängige Experten nahmen daran teil. Das Verfahren sollte eine transparente und breite öffentliche Kommunikation und Information über das Projekt Stuttgart 21 ermöglichen. Zielsetzung der Schlichtung war darüber hinaus ein umfangreicher Faktencheck. Diskutiert wurde auch eine verbesserte Kopfbahnhof-Variante, die seitens der Projektgegner eingereicht wurde. Durch das Schlichtungsverfahren wurden verschiedene Verfahrensfehler thematisiert. Die Schlichtung wurde mit den Worten „Demokratieexperiment“ und „Partizipatives Neuland“ umschrieben. Zum Ende des Verfahrens verkündete Heiner Geißler seinen Schlichterspruch.6 Über die Bedeutung des Schlichtungsverfahrens herrscht Uneinigkeit. Eine Befriedung konnte es nicht leisten. Der „umstrittene“ Schlichterspruch „stehe quasi für eine Als-Ob-Entscheidung“ resümiert Brunold. Nachdem die Demokratische Willensbildung versäumt wurde, sei die Schlichtung „nachgeschaltet worden“, die Betreiber hätten bereits alle Rechtstitel zur Durchsetzung des Vorhabens gehabt, die Schlichtung sei eine Parodie auf den herrschaftsfreien Diskurs gewesen. Nach der Schlichtung stellte die SPD einen Antrag auf eine Volksabstimmung, die vom Landtag abgelehnt wurde. Die Massenproteste dauerten zunächst weiter an.

Das Verfahren legte maßgebliche Fehler offen, aus denen die scheidende Landesregierung Baden-Württembergs Konsequenzen zog. Der von Heiner Geißler vorgestellte Sieben-Punkte-Plan sollte in die Regierungsarbeit übernommen werden. Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung vor dem eigentlichen Zulassungsverfahren, mehr Transparenz während des Verfahrens und eine zureichende Neutralität der Akteure wurden dort benannt. Ende März 2011 wurde die konservativ-liberale Regierung abgewählt und eine rot-grüne Regierung gebildet. Diese verfügte einen vorläufigen Baustopp. Sie erarbeitete das Stuttgart 21-Kündigungsgesetz und ließ für den überarbeiteten Projektentwurf eine Volksabstimmung durchführen.

Die Beteiligungsversuche während des Verfahrens führten zu teils schweren Vorwürfen. Von Beginn an sei das Projekt durch die „offizielle“ Politik und Bahnmanagement möglichst wirksam aus dem öffentlichen, demokratischen Verhandlungsprozess herausgehalten worden.

Der Eindruck der Akzeptanzbeschaffung setzte sich aus verschiedenen Gründen fest. Maßgeblich war sicherlich, dass die Beteiligung erst dann einsetzte, als Schlüsselentscheidungen schon getroffen waren. Der Plan für den Tiefbahnhof war Bestandteil der Bürgerbeteiligung, eine Betrachtung und Diskussion von Alternativen fand nicht statt. Damit konnten sich die Bürgerinnen und Bürger nur einseitig mit diesem Entwurf beschäftigen. Die Dauer der Planungen bis hin zum Bau erstreckten sich über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren. In dieser Zeit gab es viele Veränderungen und Kostensteigerungen.

Der Beteiligungsprozess in Stuttgart zeigte exemplarisch grundlegende Probleme von Beteiligungsverfahren auf und wurde zum Gegenstand verschiedener Studien. Der Prozess half dabei, ein Umdenken in der Bürgerbeteiligung anzuregen und fand viel Resonanz in der Wissenschaft.

Flughafen Frankfurt: Bau der vierten Landebahn

1997 informierte der damalige Flughafen Frankfurt über den Bedarf nach einer weiteren Landebahn.

Im Jahr 1998 fand ein Mediationsverfahren statt. Daran nahmen unter anderem Kommunen, Luftverkehrswirtschaft und das Land teil. Die Planungen für ein Mediationsverfahren resultierten aus der belasteten Vorgeschichte des Frankfurter Flughafens: Bereits 1980 gab es erhebliche Proteste gegen den Bau einer neuen Startbahn.7

Feind et al. bezeichnet das Mediationsverfahren als „Verfahrenshybrid aus mediativen Elementen, Gutachter- sowie Schlichterverfahren“. Die Mediationsgruppe arbeitete mit Hilfe von zwanzig wissenschaftlichen Gutachten die benötigten Wissensgrundlagen auf. Durch die fachliche und wissenschaftliche Beteiligung wurde die inhaltliche Konkretisierung vorbereitet. Darüber hinaus erstellten die Mitglieder der Arbeitskreise Kurzgutachten, Arbeitspapiere und Stellungnahmen und führten mehrere Expertenanhörungen durch. Die Mediationsgruppe funktionierte im Wesentlichen als Beschlussorgan. Abgeschlossen wurde das Verfahren mit einem Mediationspaket, das verpflichtende Maßnahmen für den weiteren Planungsprozess aufführte. Es handelte sich um einen Kompromissvorschlag, der mit Ausnahme der Grünen von der Politik übernommen, von Vertretern betroffener Gruppen, aber auch Verfahrensbeteiligter abgelehnt wurde.8

Das Dialogforum sollte zur Verständigung der beteiligten Interessensgruppen beitragen und die im Mediationspaket beschlossenen Maßnahmen weiter konkretisieren, um diese umsetzen zu können. Von 2000 bis 2008 war das Forum aktiv, im gleichen Zeitraum begannen die Planungen für den Ausbau des Frankfurter Flughafens. Das Forum setzte sich aus Vertretern der Luftverkehrswirtschaft, Kommunen, Gewerkschaften, sowie Kirchen und Verbänden zusammen. Für das Dialogforum wurde eine wissenschaftliche Begleitung organisiert, die das Institut für angewandte Ökologie als wissenschaftliche Einrichtung begleitete. Die eingeladenen Bürgerinitiativen nahmen nicht am Forum teil, von drei mitwirkenden Umweltverbänden verließen zwei das Forum nach einiger Zeit. Als Grund führten sie die einseitigen Bestrebungen zum Ausbau und die mangelnde Forcierung des Nachtflugverbots an. Infolge dessen verstärkte sich dieser Eindruck auch bei den Kommunalvertretern.

Die Arbeit des Regionalen Dialogforums sei dadurch erheblich belastet.

Das Forum übte eine Orientierungswirkung auf weite Teile der Landespolitik aus. Im Umkehrschluss waren die Voraussetzungen für eine politische Einflussnahme auf das Dialogforum gegeben. Die Mehrheit der im Forum vertretenen Akteure stammt aus der Exekutive, Legislative und Judikative.

Während seiner Arbeit gelangte das Forum zu einigen Ergebnissen. Die Fraport AG implementierte das Nachtflugverbot in ihren Planfeststellungsantrag. Im sogenannten „Antilärmpakt“ verpflichtete sich die Luftverkehrswirtschaft zu Maßnahmen des Lärmschutzes. Weitere Ergebnisse wurden als Empfehlungen weitergeleitet. Dazu gehörte, ein Umwelthaus mit einer Anlaufstelle für Informationen für die Bevölkerung einzurichten, für Maßnahmen des aktiven Schallschutzes eine Expertengruppe einzuberufen, sowie ein Fluglärm- Monitoring und einen Lärmindex für Frankfurt zu erarbeiten. Seit 2009 werden diese Aufgaben durch das „Forum Flughafen und Region (FFR)“ weitergeführt, weiterhin mit Unterstützung des Instituts für angewandte Ökologie.

Das Mediationsverfahren und das daran anschließende Dialogforum werden unterschiedlich bewertet. Umweltverbände und Bürgerinitiativen seien in die Vorbereitung des Verfahrens nicht eingebunden worden, bemerkte Geis. Die in der Expertenliteratur aufgeführten Kriterien der Mediation seien nicht erfüllt, das Verfahren sei nicht selbstbestimmt gewesen. Die Neutralität der Mediatoren wurde ebenfalls angezweifelt, da sie parteipolitische Funktionen innehatten. Gleichzeitig attestiert Geis dem Frankfurter Verfahren eine „Rationalisierungswirkung durch die Erzeugung von Teilöffentlichkeiten“, wie Feindt es ausdrückt. Lobenswert sei ebenso die Steigerung des Wissensgehalts und der Komplexität der Debatte weit über den Kreis der Beteiligten hinaus. Die Auseinandersetzung in den Konfliktfeldern seien durch die Erarbeitung von Kompromisslösungen und Eröffnung neuer Beteiligungschancen rationalisiert worden.

Der Umweltverband BUND kritisierte die fehlende Ergebnisoffenheit des Arbeitsauftrags. Die zentrale Formulierung der Mediationsgruppe rücke das „wie“ des Ausbaus in den Vordergrund, nicht das „ob“. Diese Haltung wird von Fischer et al. gestützt. Zudem regten sich Zweifel, ob der Ausbau der Landebahn überhaupt für alle Beteiligten einvernehmlich geklärt werden könne.

Fischer et al. konstatierten in einem Leitfaden zur Bürgerbeteiligung, es habe ein enormes Machtgefälle bestanden. Die hessische Landesregierung und die Investoren hätten dadurch sowohl das Vorgehen in der Mediation, als auch die Auswahl der Mediatoren selbst bestimmen können, ohne den Dialog mit Bürgerinitiativen oder Kommunalregierungen zu suchen. Die Verfasser des Leitfadens bezeichneten das Frankfurter Mediationsverfahren als „gescheitert“.9 Die Mitglieder des Forums seien durch die Exekutive intransparent ausgewählt worden, nicht alle Konfliktparteien hätten die gleichen Voraussetzungen gehabt, sich an dem Forum zu beteiligen. Das Verfahren sei zu sehr von der politischen Exekutive dominiert gewesen. Eine nachhaltige Lösung des „Flughafenkonflikts“ sei daher nicht zu erwarten gewesen.

Bis heute sind einige Streitpunkte nicht gänzlich ausgeräumt und werden über juristische Wege geklärt. Der Unmut betroffener Bürgerinnen und Bürger äußert sich nach der Eröffnung der Landebahn am 21. Oktober 2011 in Protestkundgebungen, es kommt zu regelmäßigen Montagsdemonstrationen. Im April 2012 errangen die Ausbaugegner vor dem Bundesverwaltungsgericht einen bedeutenden Sieg: Ein nachträgliches Urteil schreibt das Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr als verbindlich fest. 2013 sind rund 80 verschiedene kommunale und regionale Bürgerinitiativen aktiv, die sich für die Ausweitung des Nachtflugverbots, Umweltschutz und weitere Lärmschutzmaßnahmen einsetzen.

Nachnutzung des Flughafens Tempelhofs in Berlin: Tempelhofer Feld

Nachdem die Schließung des Berliner Flughafens Tempelhof für das Jahr 2008 feststand, versuchte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ein tragfähiges Zukunftskonzept für das 386 Hektar große Gelände zu finden. Bei der Entwicklung konkreter Nutzungspläne sollten Ideen der Bevölkerung einfließen, weswegen die Senatsverwaltung verschiedene Beteiligungsformate initiierte. Viele Formate wurden in Kooperation mit der landeseigenen Servicegesellschaft „Grün Berlin“ durchgeführt. Begonnen wurde im Jahr 2007 mit einem Internetdialog auf einer dafür eingerichteten Internetplattform. Das Beteiligungsverfahren gliederte sich in vier Phasen: Online-Information, Online-Diskussion, Online-Befragung und Einreichen von Vorschlägen aus der Bevölkerung.

Informiert wurde über den Planungsprozess, diskutiert über die Nachnutzung des Geländes. Mit der Frage nach der Leitidee des Geländes startete im Mai 2007 eine vierwöchige-Online-Befragung. Weitere vier Wochen bestand von Oktober bis November 2007 die Möglichkeit, konkrete Vorschläge für eine Nachnutzung des Flughafengeländes einzureichen. Die Ideen konnten bewertet werden, die zehn besten Vorschläge wurden auf Basis der Nutzerwertungen an die Senatsverwaltung weitergereicht. Bei allen Online-Verfahren beteiligten sich zusammengenommen 2.400 Bürgerinnen und Bürger, 1.300 Ideen wurden eingereicht.

Ergänzend zu den Online-Konsultationen wurden Veranstaltungen und Aktionen (Ausstellungen, Begehungen, Vorträge) angeboten. Für Fachleute richtete die Senatsverwaltung Ideenwerkstätten ein. Als viertes Element der Beteiligungsverfahren wurden sogenannte „Steuerungsrunden“ einberufen, wo die Ergebnisse aus den Online- Beteiligungsverfahren und Veranstaltungen vorgestellt wurden. Die „Gesamtsteuerungshoheit“ blieb bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt.

Im Oktober 2009 folgte die Bürgerbeteiligung zur „Parklandschaft Tempelhof“. Weitere Informationen über die Planungen auf dem Tempelhofer Feld wurden vorgestellt und es wurde mit der Vorbereitung eines städtebaulichen Wettbewerbs begonnen. Die Planungen sahen vor, Teile der Geländefläche zu bebauen. Wohn- und Gewerbeimmobilien und die Landesbibliothek sollten errichtet werden. Für den städtebaulichen Wettbewerb setzte die Senatsverwaltung zwei Workshop-Wochenenden an, an denen rund 3.500 Personen teilnahmen. Über 70 Prozent der Personen stammten aus angrenzenden Bezirken.

Im Rahmen eines Dialogwochenendes im August 2010 wurden Entwürfe verschiedener Planungsbüros nationaler und internationaler Herkunft vorgestellt. Die Bevölkerung konnte die Entwürfe kommentieren und Nachfragen stellen. Die damalige Senatorin für Stadtentwicklung diskutierte mit Bürgerinnen und Bürgern. Seit 2010 gibt es ein jährliches Besuchermonitoring. 2011 und 2012 fanden weitere Bürgergespräche statt. Im Jahr 2013 wurde durch „Grün Berlin“ für Kinder und Jugendliche ein Junior-Workshop für den Bau eines Spielplatzes angeboten. Im gleichen Jahr gründete sich der Nutzerbeirat „Parklandschaft“, der inzwischen aufgelöst ist. Ein Bürgergutachten und Planungszellen wurden 2014 organisiert.

Die Maßnahmen der Landesregierung waren umfangreich. Experten monieren, dass grundlegende Planungen hinter verschlossenen Türen stattgefunden hätten. Laut Rutz standen die Nachnutzungspläne des Senats teilweise seit Jahren fest. „Bürgerbeteiligung bedeutet nicht nur, dass Bürgerinnen und Bürger in zahlreichen Veranstaltungen Planungen kommentieren dürften“, warf der BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser dem Senat vor und forderte „ernsthafte Alternativen zu diskutieren“.

Das Vorgehen des Senats führte zu Protesten. 2011 gründete sich die Bürgerinitiative „100% Tempelhofer Feld“. Sie kritisierte die Bürgerbeteiligung, wie sie bisher vom Senat organisiert worden war und sprach sich gegen eine Teilbebauung und Privatisierung des Geländes aus. Die Mitglieder sammelten genügend Unterschriften für ein Volksbegehren.

2014 votierten 738.000 Berlinerinnen und Berliner gegen eine Bebauung des Tempelhofer Felds. Infolge dessen wurde das Tempelhofer Feld-Gesetz erlassen. Die Senatsverwaltung musste sich den neuen Gegebenheiten anpassen, alle bisher durchgeführten Beteiligungsverfahren und Planungen wurden durch das Votum obsolet.

Ein neuer Beteiligungsprozesses wurde gestartet, der in dieser Form ein deutschlandweites Novum darstellt. Bürgerinnen und Bürgern entwerfen einen Pflege- und Entwicklungsplan, Grundlage bildet das ThF-Gesetz.10 Bisher blieb dies Stadtentwicklern vorbehalten. Mit Tilmann Häuser koordiniert einer der früheren Gegner der Bebauung das neue Beteiligungsverfahren zur „Tempelhofer Freiheit“ auf einer von Liquid Democracy bereitgestellten Internetplattform. Bei diesem neuen Versuch „halte sich der Senat zurück“ (Thönissen/Schönball 2015). Im November 2014 wurde die Plattform, auf der Ideen gesammelt werden, freigeschaltet. Inzwischen haben sich knapp 1.800 Nutzer beteiligt. Damit ähneln die Benutzerzahlen denen des ersten Internetdialogs 2007. Auch die Zielstellung ist vergleichbar: Es gehe um eine Themenbündelung, um Informationsbereitstellung durch Erfahrungsberichte der bisherigen Projekte. Erneut sollen Vorschläge und Informationen gesammelt werden. Das Beteiligungsverfahren richte sich an Hochinteressierte.

Der vom Senat initiierte Beteiligungsprozess ist umstritten. Die auf dem Feld laufenden Projekte11 werden von einer Evaluierung durch die landeseigene Servicegesellschaft „Grün-Berlin“ kritisiert. Es stellt sich die Frage nach der Entscheidung, welches Projekt gut oder schlecht ist. Es besteht ein latenter Konflikt zwischen Politikerinnen und Politikern und Bürgerinnen und Bürgern. Der Stadtentwicklungssenator hält Vorschläge aus der Bevölkerung für „spärlich und kleinteilig“. Hier kollidieren Anspruch professioneller Planung und individueller Bürgerwille.

Der Senat hatte geplant, ein bürgerschaftliches Begleitgremium einzurichten. Dies sei bisher noch nicht geschehen, kritisierte eine Oppositionspolitikerin der Grünen. Spekulationen über eine Bebauung nach einigen Jahren sorgen für Misstrauen. Rechtlich betrachtet wäre es möglich, nach der Landtagswahl 2016 das Ergebnis des Volksentscheids durch einen Parlamentsbeschluss zu verändern. Davon soll kein Gebrauch gemacht werden, die Garantie für ein Veränderungsverbot gibt der Senat für die nächsten vier Jahre, langfristig sei eine Veränderung aber nicht ausgeschlossen.

Kraftwerk Datteln IV

Seit 2007 baut der Energiekonzern E.ON in der Stadt Datteln in Nordrhein-Westfalen das Kraftwerk Datteln IV, als Erweiterung des bestehenden Kohlekraftwerks. Das Projekt wird von Bürgerinitiativen, Anwohnern und Umweltverbänden kritisiert. Das Projekt sei unter rechtswidrigen Voraussetzungen gebaut worden und habe wesentliche Planungsanforderungen, insbesondere im Bereich des Umweltschutzes, nicht beachtet. Mehrfach wurden die Bauarbeiten durch Gerichtsbeschlüsse unterbrochen. Besonders große Auswirkungen auf das Projekt hatte ein Urteil von 2009. Während des Normenkontrollverfahrens hob das Oberverwaltungsgericht den Bebauungsplan für das Kraftwerk auf, da ein Verstoß gegen die Ziele der Landesplanung vorlag.12 Als Konsequenz des richterlichen Urteils wurde seitens der Verantwortlichen volle Transparenz für die Zukunft versprochen.

Drei Jahre nach dem Gerichtsbeschluss fand im Jahr 2012 eine frühzeitige Bürgerbeteiligung an der Bauleitplanung statt. Der Dattelner „Ausschuss für Standentwicklung Umwelt, Bauen und Verkehr“ führte eine eintägige Bürgerversammlung durch. Dort sollte die Möglichkeit gegeben werden, sich zu informieren und zu äußern. Die zur Verfügung gestellten Untersuchungen, wie Gutachten, umfassten rund 5.000 Seiten. Fachleute standen für Fragen und Anregungen zur Verfügung. Die Vorentwurfsunterlagen wurden acht Wochen ausgelegt und waren online abrufbar. Die Auslegung erfolgte zu den üblichen Verwaltungszeiten.

Von April bis Juni gab es für zwei Monate die Möglichkeit, Anregungen in Form von Stellungnahmen zum Kraftwerksbau einzureichen. Die Stellungnahmen wurden ausgewertet und die Planung fortgeführt. Als Reaktion auf die Bürgerbeteiligung wurde von einem Bündnis aus Bürgerinitiativen, Anwohnern und Umweltverbänden eine 350-seitige Stellungnahme gegen den Kraftwerksbau verfasst. Der BUND warf der Bezirksregierung vor, die Bürgerbeteiligung werde zur Farce. Als Begründung führte die Organisation die kurze Frist von 14 Tagen bei einem Erörterungstermin zur Flora-Fauna- Habitat-Verträglichkeitsprüfung an. Die Bezirksregierung habe während einer gerichtlichen Anhörung die kurze Zeitspanne damit begründet, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung am Ergebnis nichts ändern werde.

Nachdem die erste Genehmigungsprozedur gescheitert war, nutzte die rot-grüne Landesregierung eine Sonderregelung in der nordrhein- westfälischen Landesplanung um ein zweites Verfahren einzuleiten. Durch ein sogenanntes „Zielabweichungsverfahren“ ist es möglich, das Projekt nachträglich zu legitimieren. Zu der Zulässigkeit des Zielabweichungsverfahrens gibt es zwei Rechtsgutachten, die diesbezüglich zu gegensätzlichen Schlüssen gelangen.13 Es wurde ein zweiter Entwurf für die öffentliche Auslegung vorbereitet, inzwischen hat der Stadtrat diesem zugestimmt. Aktivistinnen und Aktivisten und Bürgerinnen und Bürger gehen zusammen mit Umweltverbänden und der Nachbarstadt Waltrop weiter juristisch gegen den Bau vor.

Feste Fehmarnbelt-Querung

Bei der Fehmarnbelt-Querung handelt es sich um ein transnationales Verkehrsgroßprojekt, das in Form eines Absenktunnels Deutschland und Dänemark verbinden soll. Die rechtlichen Anforderungen der beiden Staaten in Einklang zu bringen war und ist dabei eine Herausforderung.14 In diesem Beitrag wird sich auf die Betrachtung der deutschen Beteiligung beschränkt.

Grundlage für die Planungen bildet der von Deutschland und Dänemark im Jahr 2008 unterzeichnete Staatsvertrag. Die Landesregierung Schleswig-Holstein richtete im September 2011 das Dialogforum „Feste Fehmarnbelt-Querung“ ein. Es ist konzipiert als zentrale Informations- und Diskussionsplattform und soll den gesamten Prozess transparent begleiten. In Tagungsintervallen von zwei bis drei Monaten finden öffentliche Sitzungen statt, die live übertragen und auf der Homepage eingestellt werden. Darüber hinaus gibt es Bürgersprechstunden, online und zu Beginn jeder Sitzung, bei der Fragen öffentlich beantwortet werden.

Auf der deutschen Seite ist die Festlandanbindung das zentrale Thema. Den Tunnel finanziert Dänemark. Besonders umstritten ist der Ausbau der Bestandsstrecken, die durch die Ostseebäder der Lübecker Bucht führen.

Am „runden Tisch“ des Forums sind Bürgerinitiativen, Anwohner, Gemeinden, Gewerkschaften, Naturschützer, Bauern, Wirtschaft und die Planungsverantwortlichen für die Realisierung des Bauprojektes vertreten. Mit den Worten „Wir wollen betroffene Bürger zu Beteiligten machen“ kündigte Verkehrsminister Ramsauer das Forum an. Ramsauer und der Ministerpräsident Peter Harry Carstensen betonten, der Bau der Querung stehe nicht zur Disposition. Zwischenzeitlich drohten am Dialogforum beteiligte Gegner der Verbindung damit, aus dem Forum auszutreten. Seit 1994 existiert ein Aktionsbündnis, das sich grundsätzlich gegen eine feste Fehmarnbelt- Querung positioniert und die Arbeit der Planer und Mitwirkenden kritisch verfolgt.

Im September 2012 wurde das Projekt bei den „Fehmarnbelt Days“ in Lübeck beworben. In Hamburg und Lübeck diskutierten rund 600 Teilnehmer über die Fehmarnbelt-Region.

Bei der geplanten Landanbindung gab es Widerstände aus den Ostseebädern, die vom Tourismus abhängig sind. Die Deutsche Bahn ist als Auftragnehmer des Bundesverkehrsministeriums für die Strecke zuständig. Im Jahr 2013 bestand im Internet die Möglichkeit, Stellungnahmen zum Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren „Schienenanbindung Feste Fehmarnbelt-Querung“ abzugeben. Bis Mai 2014 wurden 8.300 Stellungnahmen ausgewertet und als raumverträglichste Trassenführung eine die Ostseebäder umfahrende Schienenanbindung empfohlen. Die Bahn passt ihre Pläne zur Streckenführung (beispielsweise für Güterzüge) an.

Im Rahmen des Anhörungsverfahrens fand die Auslegung der Planfeststellungsunterlagen von Anfang Mai bis Anfang Juli 2014 statt. Dabei wurden über 3.000 Einwendungen und Stellungnahmen eingereicht.

Derzeit (Stand März 2015) werden von einigen Vertretern der Bundesregierung Äußerungen laut, welche die Bürgerbeteiligung und daraus resultierende Ergebnisse als einen Grund für Kostensteigerungen benennen. Die Ostholsteinische SPD-Abgeordnete Bettina Hagedorn kritisierte dies und verwies auf die Verantwortung des Bundes. Die Änderungen seien Resultat einer ernsthaften Bürgerbeteiligung.

Dritte Startbahn München

Mitte 2005 begannen die Planungen für den Ausbau des bestehenden Start- und Landebahnsystems des Flughafens München. Der Prozess sollte öffentlich und transparent gestaltet werden. Das Kriterium Transparenz sei kaum erfüllt worden, berichtet die Süddeutsche. Bereits 2001 sei im Landesentwicklungsplan (LEP) eine Vorrangfläche für den Flughafenbau ausgewiesen worden. Als Anwohner des Gebiets darauf aufmerksam wurden, hätten CSU-Politiker und der Flughafenbetreiber abgewiegelt. Vier Jahre später wurde nach einer Alternativenprüfung auf dem Vorranggebiet geplant.

Ob die Startbahn die rechtlichen Vorgaben erfüllte, sollte im Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren geklärt werden. Diese gestaltete sich nach Ansicht der Süddeutschen Zeitung wenig ergebnisoffen.15

2007 wurden die Planunterlagen für vier Wochen ausgelegt. Es handelte sich um 10.000 Seiten mit 500 Plänen. Es bestand die Möglichkeit, Einwendungen zu verfassen.16 Zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger wurde eine 59-tägige öffentliche Anhörung organisiert, bei der betroffene Bürgerinnen und Bürger ihre Meinungen und Bedenken einbringen konnten. Der Planungsprozess war öffentlich. Als schwerwiegende Hürde im Prozessverständnis sah die Bevölkerung die Komplexität des Planungsrechts bei den organisierten Veranstaltungen.

Im Jahr 2012 stimmte die Münchner Bevölkerung in einem Bürgerentscheid gegen die dritte Startbahn.17 Anfang 2014 wies der Bayrische Verwaltungsgerichtshof alle Klagen von Anwohnern, Gemeinden und Naturschutzverbänden ab. Derzeit ist der Bau politisch blockiert, da die Entscheidung einstimmig fallen muss und sich der neue Bürgermeister an dem „Nein“ des Bürgerentscheids festhält. Genehmigungsrechtlich ist der Planfeststellungsbeschluss durch das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.

Elbvertiefung Hamburg

Seit 2002 existieren Planungen für eine Vertiefung der Elbe. Diese wurde von Anwohnern und Umweltverbänden von Beginn an kritisch verfolgt, wesentliche Bedenken galten der ökologischen Verträglichkeit und dem Hochwasserschutz. Die letzte Elbvertiefung im Jahr 1999 gilt als Negativbeispiel.18 Im April 2007 lagen die Pläne im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens erstmals öffentlich aus. Im gleichen Jahr sollte ursprünglich mit den Arbeiten begonnen werden. Im Jahr 2009 wurden rund 7.000 schriftliche Einwände eingereicht. Es fanden Anhörungen in einigen der betroffenen Gemeinden entlang der Unterelbe statt, um Bedenken auszuräumen. Im April 2010 lagen die Unterlagen für die dritte Planänderung aus, erneut wurden Einwände eingereicht. Im Jahr 2012 wurde der Planfeststellungsbeschluss ausgelegt, ein Jahr später um einen Ergänzungsbeschluss erweitert. Umweltverbände nutzten das Verbandsklagerecht, um juristisch gegen eine weitere Vertiefung vorzugehen. Durch verschiedene Gerichtsurteile verzögert sich die Elbvertiefung weiter.

Waldschlösschenbrücke Dresden

Seit 1996 bestanden Planungen am Standort Waldschlösschen eine Elbquerung zu bauen. 2003 wurden rund 1.700 Einwendungen gegen den Bau eingereicht. Es gründeten sich Bürgerinitiativen für und gegen den Bau der Brücke. Nach der Stadtratswahl 2004 waren die Befürworter der Querung in der Minderheit. Sie gründeten zusammen mit dem ADAC die Bürgerinitiative „Pro Waldschlösschenbrücke“ und sammelten eine ausreichende Anzahl von Unterschriften für ein Bürgerbegehren.

Im Vorfeld des Bürgerentscheids führte die Initiative nach eigenen Angaben Informationsveranstaltungen durch und verteilte Broschüren mit Sachinformationen für die Dresdner Haushalte. Diese sollten sich mit dem Für und Wider des Baus auseinandersetzen. Im Jahr 2005 stimmte die Dresdner Bevölkerung für den Bau der Waldschlösschenbrücke. Während Anwohner aus umliegenden Bezirken mehrheitlich gegen den Bau der Brücke stimmten, waren die Befragten der restlichen Bezirke dafür.

Im Jahr 2008 begann der Bau der Elbquerung. Ein Bürgerbegehren für eine Tunnellösung wurde laut Aussagen der Organisatoren von 30.000 Leuten unterstützt. Im Zuge des Baus wurde dem Elbtal um Dresden der Titel „Weltkulturerbe“ im Sommer 2009 aberkannt. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der unklare Weltkulturerbe-Status einen wesentlichen Anteil der Aufmerksamkeit für die Brückengegner erzeugt. Seit 2013 ist die Brücke fertiggestellt.

Fazit

Trotz diverser Fortschritte ist die Bürgerbeteiligung in Deutschland noch immer stark institutionalisiert. Zuständige Gremien und Behörden sind mitnichten bereit, planungsrelevante Kompetenzen an die Zivilbevölkerung abzugeben.

Seit Anfang der 2000er Jahre wurden vermehrt Volksabstimmungen durchgeführt. Dass diese Form der Beteiligung allein nicht zu einer für alle Konfliktparteien akzeptablen Lösung reicht, zeigen einige der hier genannten Beispiele (Flughafen München unter anderem). Politiker neigen dazu, Volksentscheide nachträglich infrage zu stellen. Dadurch fühlen sich Bürgerinnen und Bürger um ihren – oftmals mühsam erkämpften – Einfluss betrogen.

Pläne mit hunderten oder tausenden Seiten öffentlich auszulegen, schafft eine unnötige Hürde in Beteiligungsverfahren. Informationen sollten nicht nur mit ausreichend langen Fristen und jederzeit abrufbar sein, sondern auch so aufbereitet werden, dass die Bevölkerung sich einen fundierten Überblick über die Planungssituation verschaffen kann.

Wenige Jahre nach der Einführung der Aarhus-Konvention in deutsches Recht ist die frühzeitige Bürgerbeteiligung in Deutschland noch immer keine Selbstverständlichkeit. Stattdessen wird teilweise erst beteiligt, wenn der Planfeststellungsbeschluss bereits vorliegt. Der Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern über Inhalte wird die Kommunikation von Entscheidungen an die Bürgerinnen und Bürger vorgezogen. Einwendungen und Stellungnahmen abgeben – all dies folgt einem starren Muster und versetzt die Bevölkerung in die Lage teilhabender Zuschauer. Bei vielen der genannten Projekte wurde erst nach dem Scheitern dieser Strategie versucht, die Bürgerinnen und Bürger mehr mit einzubeziehen. Solche nachträglich aufgelegten Beteiligungsverfahren gestalten sich ungleich schwieriger, da sich verlorenes Vertrauen der Betroffenen nur schwer wiederherstellen lässt.

Am Ende der Bauvorhaben stehen daher häufig langwierige juristische Auseinandersetzungen. Die Annahme, breite Akzeptanz für ein bestimmtes Projekt zu gewinnen und damit alle Konflikte beizulegen, ist nicht realistisch. Unmittelbar Betroffene können nicht immer ausreichend entlastet werden. Ideelle Werte lassen sich nicht aufwiegen. Frühzeitige und umfassende Bürgerbeteiligung könnte jedoch dazu beitragen, unnötige Gerichtsverfahren zu vermeiden und auf eine konstruktive Beilegung von Konfliktsituationen hinzuarbeiten.

Eine weitere Gefahr ist die Politisierung von Beteiligungsverfahren, die sich beinahe zwangsläufig einstellt. Dies geschah beispielsweise im Mediationsverfahren des Frankfurter Flughafens und sorgte dafür, dass das ansonsten innovative Verfahren nach wie vor umstritten ist. Aufgrund dessen wäre es ratsam, die politische Einflussnahme auf Bürgerverfahren zu minimieren, um sich nicht Vorwürfen wie der „Mitmachfalle“19 ausgesetzt zu sehen.

Literatur

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Anmerkungen

1 Eine interessante Parallele zum Unmut der Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich der Qualifikation von Politikern.

2 Die Aarhus-Konvention ist ein internationales Übereinkommen mit dem Ziel, den Zugang zu Informationen, das Recht auf Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten jeweils in Umweltangelegenheiten zu regeln (Partizipation.at 2015).

3 Solche Aussagen finden sich unter anderem in Schlager 2010 und Rucht 2012 (dort bereits im Titel).

4 „Demokratiedefizite in der Projektplanung und der Umgang mit Projektkritikern wurden als Hauptargumente angegeben.“ (Rucht et al. 2010).

5 Am 30. September 2010 wurde eine Demonstration im Stuttgarter Schlosspark unter Einsatz von Wasserwerfern geräumt. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt.

6 Geißler sprach sich für ein „verbessertes“ Stuttgart 21 aus. In seiner Begründung verwies er auf die rechtliche Lage, nach der die Bahn freiwillig von dem Projekt zurücktreten müsste, sowie die hohen Kosten, die dabei entstünden.

7 In den 1980er Jahren begleiteten jahrelange, teilweise gewalttätige Massenproteste den Bau einer neuen Startbahn. In der Vorplanung zur Landebahn wurde daher ein neues, innovatives Konzept entwickelt, schreibt unter anderem Feindt et al. 2010.

8 Dazu gehörten der Schallschutz, ein Nachtflugverbot, die Einrichtung eines regionalen Dialogforums sowie eine Kapazitätserweiterung durch den Bahnneubau.

9 Die Stiftung verwies auf nicht erfüllte, wissenschaftliche Vorgaben: mangelnde Ergebnisoffenheit und fehlende Verbindlichkeit der Landesregierung. Zudem seien die Mediatoren nicht neutral gewesen (Fischer et al. 2003:14).

10 „§ 1: Ziel dieses Gesetzes ist es, die wertvollen Eigenschaften des Tempelhofer Feldes und die darauf beruhenden Funktionen dauerhaft zu erhalten und vor Eingriffen, welche sie gefährden oder verändern können, zu schützen.“ Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (ThF Gesetz). Unter das sogenannte Veränderungsverbot fallen unter anderem Neubauten, (Teil)Privatisierungen und Aufschüttungen.

11 Es handelt sich um Pionierprojekte von Initiativen.

12 Das Urteil ist einsehbar unter: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/ j2009/10_D_121_07_NEurteil20090903.html.

13 Das von der Deutschen Umwelthilfe erstellte Gutachten sieht das Zielabweichungsverfahren als rechtswidrig an. Das Gutachten eines Honorarprofessors der Universität Münster und Anwalts für Verwaltungsrecht sieht das Verfahren als legitim an.

14 In Dänemark würden Bürgerinnen und Bürger in allen Phasen der Planungen gehört, auch über formlose Verfahren, während Deutschland starre Verfahren anwende, kommentierte der ehemalige Verkehrsminister von Dänemark, Christian Schmidt, mit Blick auf das Projekt (vgl. Ohne Autor: Planen im Dialog 2015).

15 Da der Freistaat die Vorgaben zu einem Teil selbst festlege, sei es fraglich, ob er als Antragsteller über die nötige Distanz verfüge, um zu einem anderen Ergebnis als einer Zustimmung zu gelangen (vgl. Stroh 2014). Über die Genehmigung entschied das Luftfahrtamt Südbayern. Die Behörde ist der Staatsregierung unterstellt (ebd.).

16 Die Antworten waren computergeneriert und die Anhörung fand nicht auf Augenhöhe statt (vgl. Stroh 2014).

17 Da die Stadt 23 Prozent Anteile am Flughafen hält, war das Votum möglich. Betroffene aus umliegenden Landkreisen konnten nicht abstimmen. Dies wird von einigen Beobachtern als Makel der Abstimmung gesehen.

18 Mit Blick auf die letzte Elbvertiefung im Jahr 1999 äußerte sich Hamburgs früherer Wirtschaftssenator Axel Gedaschko, es seien Dinge versprochen, aber nicht umgesetzt worden. Dazu gehörten Ausgleichsmaßnahmen und Auflagen bei der Beweissicherung (Hamburger Abendblatt 2009).

19 In seinem Buch „Die Mitmachfalle – Bürgerbeteiligung als Herrschaftsinstrument“ beschreibt Thomas Wagner das Phänomen, schwindende Zustimmung zu „neoliberalen“ Reformprojekten und Bauvorhaben im „exklusiven Zirkel“ vorbereitete Entscheidungen „pseudodemokratisch“ abzusichern. Als Bauprojekt nennt er Stuttgart 21 und kritisiert das Mediationsverfahren des Frankfurter Flughafens, bei dem es der Bevölkerung gelungen sei, nicht in die „Mitmachfalle“ zu tappen, stattdessen „selbstbewusst ihren Protest zu artikulieren“ (Wagner 2013).

Der Autor

Christian Rüll ist Student der Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur an der Technischen Universität Berlin. Er hat sich in seiner Bachelorarbeit mit Akteuren und Bürgerbeteiligung im Rahmen der Endlagerkommission auseinandergesetzt. Zudem nahm er 2013 an einem regionalen Bürgerforum teil und absolvierte 2009 ein Praktikum im Abgeordnetenhaus von Berlin.

Dieser Text ist dem kostenlos erhältlichen ersten KURSBUCH BÜRGERBETEILIGUNG entnommen, dessen Nachfolger im Herbst 2016 erscheint.

Literaturhinweise

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