Beteiligung durch Bildung: Die Universität für Geflüchtete

Foto: Thomas Kohler via flickr.com , Lizenz: CC BY 2.0

Wer schon einmal versucht hat, sich an einer staatlichen deutschen Universität einzuschreiben, der hat auch die Welt von Asterix und Obelix geteilt. Die bekannten Comic-Helden von Goscinny und Uderzo müssen im Band ,,Asterix erobert Rom“ nämlich diverse als unlösbar geltende Aufgaben erledigen. Eine davon lautet, von einer römischen Behörde – der sogenannten Präfektur – das Dokument A38 zu erhalten. Die beiden Helden drohen sich im Dickicht der Verwaltungsbürokratie zu verirren und es gelingt ihnen letztlich durch einen Trick, die Aufgabe zu meistern.

Natürlich stellt das Bild eine Übertreibung des Bewerbungsverfahrens dar, dem sich ein Studienbewerber stellen muss und ,,austricksen“ kann er die Zulassungsstelle ebenfalls nicht.

Rechtliche Zulassungsbeschränkungen schaffen unüberwindbare Hürden

Doch während hiesige Abiturienten bestenfalls am Kopieren aller Nachweise von Geburtsurkunde bis letztem Zeugnis in dreifacher Ausführung und der Wahrung der Einreichungsfrist scheitern, schafft die deutsche Sprache für viele geflüchtete Studieninteressierte bereits eine unüberwindbare Hürde. Zudem sind ihre Unterlagen infolge der Flucht teilweise unvollständig und ausländische Abschlussgrade sind oft nicht den deutschen Abschlüssen gleichgestellt. 

Eine Universität, die Geflüchteten unbürokratisch, schnell und gebührenfrei einen Zugang zu akademischer Bildung ermöglichen will.

Für die studieninteressierten Heimatlosen bedeutet das wertvollen Zeitverlust und Frustration; für asylgewährende Staaten im Anbetracht der Tatsache einer ungeklärten Flüchtlingsproblematik und auf Weiteres nicht behebbarer Flüchtlingsursachen ein unnötig nicht genutztes Reservoir an potentiellen (zukünftigen) Fachkräften. Dennoch ist es keiner staatlichen Politikmaßnahme zu verdanken, sondern einer Gruppe von Philanthropen, dass seit Oktober Geflüchteten die Möglichkeiten zu einem Studium geboten wird.

Eine virtuelle Universität will Abhilfe schaffen

Sie sind Gründer der Kiron University, einer non-profit NGO, die geflüchteten Menschen unbürokratisch,schnell und gebührenfrei einen Zugang zu akademischer Bildung ermöglichen will, wie Mitbegründer Martin Kressler im Video ausführt.

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Aufbau und Finanzierung

Auf der Internetpräsenz  der noch jungen Bildungseinrichtung werden Konzept und Ablauf erklärt: Schlüsselinstrument sind in englischer Sprache konzipierte Massive Open Online Courses (MOOCS). Dabei handelt es sich um online bereitgestellte Lehrveranstaltungen, die von namhaften Anbietern angeboten werden und auch in Havard, Stanford, Yale oder am MIT Anwendung finden. Sie werden durch weitere Kommunikationsmedien wie Chatrooms ergänzt, um den Studierenden fachbezogenen Austausch zu ermöglichen. Das Studium gliedert sich in mehrere Phasen. Zunächst erfolgt ein einjähriges Studium Generale ehe sich die Studierenden im zweiten Jahr auf einen von fünf möglichen Studiengängen festlegen. Das Auswahlspektrum ist breit und bietet von IT über Ingenieurwesen, Architektur oder Kulturwissenschaft bis hin zur Wirtschaftswissenschaft genügend Auswahl. Im dritten Jahr wechseln die Studenten an eine Partneruniversität und absolvieren den letzten Studienabschnitt im Präsenzbetrieb. Erst jetzt müssen sie die entsprechenden formalen Nachweise vorlegen, was ihnen Zeit verschafft.

Die Finanzierung der Kiron University erfolgt über Spenden. Dazu wurde eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen, die zum Ziel hat, 1.200.000 € von Spendern einzusammeln, um so 1000 Geflohenen ein Vollstipendium zu ermöglichen. Es kamen bereits genug Spenden zusammen, damit die Kiron University ihren Betrieb aufnehmen konnte.

Ausblick

Natürlich wäre es an dieser Stelle verfrüht, das Projekt zu beurteilen. Sollte es jedoch erfolgreich sein, dann könnte es einen wesentlichen Beitrag für eine erfolgreiche Integration entwurzelter Menschen in eine neue Gesellschaft sein. Gleichzeitig könnte es sich als ein beachtenswertes Instrument erweisen, um den politischen Herausforderungen einer alternden Bevölkerung und beklagtem Fachkräftemangel entgegenzutreten.

Literaturhinweise

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Akzeptanz und Bürgerbeteiligung für Erneuerbare Energien Forschungsbericht

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Jörg Hilpert (Hrsg.)

Nutzen und Risiken öffentlicher Großprojekte: Bürgerbeteiligung als Voraussetzung für eine größere gesellschaftliche Akzeptanz Sammelband

Universität Stuttgart, Stuttgart, 2011, ISBN: 9783938245187.

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Till Jenssen

Einsatz der Bioenergie in Abhängigkeit von der Raum- und Siedlungsstruktur Buch

Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden, 2011, ISBN: 978-3834808196.

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Manfred Fischedick; Katja Pietzner; Wilhelm Kuckshinrichs; Diana Schumann; Peter Radgen; Clemens Cremer; Edelgard Gruber; Natalie Schnepf; Annette Roser; Farikha Idrissova

Gesellschaftliche Akzeptanz von CO2-Abscheidung und -Speicherung in Deutschland Artikel

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In: Technikfolgenabschätzung - Theorie und Praxis , Bd. 3, Nr. 14, S. 45-53, 2005.

Abstract | Links | BibTeX

Ortwin Renn

Technikakzeptanz: Lehren und Rückschlüsse der Akzeptanzforschung für die Bewältigung des technischen Wandels Artikel

In: Technikfolgenabschätzung - Theorie und Praxis , Bd. 3, Nr. 14, S. 29-38, 2005.

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Archon Fung

Empowered Participation: Reinventing Urban Democracy Buch

Princeton University Press, Princeton, 2004, ISBN: 9780691126081.

Abstract | BibTeX

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