Open Data und Beteiligung – ein Dream Team?

Frei zugängliche Informationen sind die Grundlage für aufgeklärte Entscheidungen. Offene Daten begünstigen damit Beteiligungsprozesse – wofür jedoch einige Voraussetzungen gegeben sein müssen.

Foto: justgrimes via flickr.com, Lizenz: CC BY-SA 2.0

„Daten sind der zentrale Rohstoff der Zukunft”, so begründet Stefan Krebs, Beauftragter für Informationstechnologie des Landes Baden-Württemberg, bei einem Runden Tisch im März die Notwendigkeit frei zugänglicher Verwaltungsdaten (Open Data). Das Land will die Veröffentlichung geeigneter politischer und administrativer Daten im Rahmen seiner Digitalisierungsstrategie „digital@bw“ vorantreiben. Und wie kommt da Beteiligung ins Spiel?

Gut informiert ist halb beteiligt

„Über die Bereitstellung von Open Data entsteht Transparenz und damit die Möglichkeit, Kontrolle auszuüben. Offene Daten sind ein Schritt für mehr Partizipation“, sagt Arne Semsrott von der Open Knowledge Foundation Deutschland, die sich für die Verbreitung von freiem und offen zugänglichem Wissen in der Gesellschaft einsetzt. Der Zugang zu Wissen ist Voraussetzung für aufgeklärte Entscheidungen und damit für partizipative, demokratische Prozesse.

Die Möglichkeiten für Bürger, sich in öffentliche Entscheidungsfindung einzubringen, sind durch das Internet gestiegen. Online-Partizipation genießt gerade auf kommunaler Ebene große Beliebtheit. Die Kombination mit Open-Data-Plattformen bietet dabei die Möglichkeit, das nötige Fachwissen in den Beteiligungsprozess zu tragen. Ein wichtiger Aspekt dieses Ansatzes ist die Entwicklung einer gesellschaftlichen Dialogkultur, die nicht auf Meinungen, sondern Information beruht. Die gemeinsame Gestaltungserfahrung kann Bürger wie Verwaltung für mehr Teilhabe begeistern und gesellschaftliches Kapital in Form von Verständigungskompetenz auf beiden Seiten schaffen.

Freie Daten als Wirtschaftstreiber

Darüber hinaus sind frei verfügbare Daten von großer ökonomischer Bedeutung, da sie Innovationspotenziale freisetzen, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt schaffen. Auf Basis offener Daten entwickelte Anwendungen und Firmengründungen kommen den Bürgern und über Steuereinnahmen auch wiederum der Kommune zu Gute.

Früh verstanden hat das Helsinki. Die Stadt gilt als Vorreiter in der Bereitstellung öffentlicher Daten – auch und im Besonderen für kommerzielle Zwecke. Hier müssen sich nicht Firmen an die Verwaltung wenden und in aufwendigen Genehmigungsverfahren um Daten bitten, sondern die Stadt wirbt aktiv um Entwickler, die öffentliche Daten nutzen möchten. Die Daten reichen dabei über die Stadtgrenzen hinaus: Die Plattform Helsinki Region Infoshare stellt Daten aus insgesamt vier Kommunen der Umgebung zur Verfügung. Dieser Zusammenschluss wurde 2013 von der EU-Kommission mit dem European Prize for Innovation in Public Administration ausgezeichnet.

Open Data allein ist noch keine Beteiligung

Also sollten moderne Verwaltungen einfach möglichst viele Datensätze online stellen und Beteiligung und Innovation ergeben sich von selbst? Das ist zu kurz gedacht.

Zum einen ist die Form der Bereitstellung entscheidend. Sollen die Daten vor allem kommerziell weiter verarbeitet werden, sind technische Fragen wie die Verwendung einheitlicher Datenstandards und Schnittstellen von Bedeutung. Für interessierte Bürger ist hingegen eine zusammenfassende und intuitiv verständliche Visualisierung sinnvoller. Diese muss jedoch so transparent gestaltet sein, dass ein kritischer Blick auf die Interpretation der Daten möglich bleibt.

Womit eine weitere Schwierigkeit aufgezeigt wird: Nicht jeder Bürger ist geschult im Umgang mit umfangreichen Datensätzen. Gleichzeitig kann aber auch nicht jeder Sachverhalt, der sich aus einem Datensatz ergibt, auf wenige, eindeutige Aussagen herunter gebrochen werden. Data Literacy ist hier das Stichwort. Gemeint sind damit die analytischen und technischen Kompetenzen, die nötig sind, um in Datensätzen relevante Informationen zu finden, sie in ihren Kontext einzuordnen, zu verstehen, kritisch zu bewerten und letztendlich in Diskussionen einzusetzen. Will eine Gesellschaft Partizipation auf der Basis von frei zugänglichen Informationen erreichen, muss sie ihre Bürger in diesen Kompetenzen schulen.

Literaturhinweise

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Jörg Sommer, Bernd Marticke

Status quo und Potentiale der innerbetrieblichen Partizipation Buchabschnitt

In: Jörg Sommer (Hrsg.): KURSBUCH BÜRGERBETEILIGUNG #3, Republik Verlag, Berlin, 2019, ISBN: 978-3942466-37-0.

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